Willy Brandt, ein Geheimdienstmann für die Amis

US-Dokumente belegen: Willy Brandt war in der Nachkriegszeit bezahlter Hinweisgeber des US-amerikanischen Geheimdienstes CIC.

Eine Liste des US-Militärgeheimdienstes Counter Intelligence Corps (CIC) vom 1. Juni 1952 führt die Namen deutscher und österreichischer Informanten auf. Sie ist alphabetisch geordnet und enthält Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Adresse der Zuträger sowie den Zeitpunkt, zu denen die Kooperation endete.

An zehnter Stelle steht „Brandt, Willy“, wohnhaft in Berlin-Schlachtensee. Ende der Zusammenarbeit: 17. März 1952. Als Grund der Trennung ist eine Fünf vermerkt, was nach CIC-Einstufung bedeutete, dass entweder der CIC oder Brandt das Interesse an der Zusammenarbeit verloren hatte.

 

SPD-Politiker Brandt 1949: Monatlich 250 D-Mark von den Amerikanern
Bild entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 51/18.12.2021

Sind die Angaben auf der CIA-Liste der schlagende Beweis für jene Gerüchte und Verdächtigungen, die Willy Brandt zeitlebens begleitet hatten? Da Willy Brandt als Hoffnungsträger galt, vermögen es viele nicht zu glauben, dass es damit nicht weit her war. So mögen manche nicht glauben, dass Willy Brandt ein Geheimdienstmann war.

Die Liste des CIC ist deklassifiziert, also freigegeben und liegt dem SPIEGEL vor. Sie ist Teil eines ansonsten geheimen Aktenkonvoluts des CIC zu Brandt, das nun der renommierte Historiker Thomas Boghardt einsehen durfte. Der Deutschamerikaner Boghardt ist leitender Wissenschaftler am Zentrum für Militärgeschichte der U.S. Army in Washington, D.C. , Demnächst erscheint seine Studie über die Geschichte der US-Geheimdienste im Nachkriegsdeutschland.

Danach lieferte Brandt seit 1948 Informationen an den CIC. Der Kalte Krieg zwischen den Amis und Sowjets hatte bereits begonnen. Die Spaltung Deutschlands bahnte sich an.

Als SPD-Funktionär und später als Bundestagsabgeordneter berichtete Brandt vor allem über die sowjetische Besatzungszone (SBZ) und dann über die DDR.

Die Berichte sind zwar verschwunden, doch DER SPIEGEL vermutet, dass diese routinemäßig vernichtet worden wären. Doch es sind sogenannte Kontrollblätter überliefert, auf denen verzeichnet ist, wann Treffen stattfanden, ob und wieviel Geld gezahlt wurde und worum es ging. Boghardt hat sie eingesehen.

Demnach informierte Brandt den CIC über die SED, die FDJ, politische Häftlinge in Bautzen, Werften, Fabriken, das Eisenbahnwesen und über die Telefonausstattung der sowjetischen Streitkräfte in der SBZ, bzw. der DDR.

Am 27. Januar 1950 rekrutierte der CIC Willy Brandt offiziell als „O-Type“, was bedeutete: Er war ein „investigativer Informant“, etwa mit Zugang zu internen Dokumenten. Brandt erhielt die Registriernummer „O-35-VIII“.

Mehr als 200-mal traf sich Brandt laut diesen Quellen mit seinen CIC-Verbindungsleuten, die ihn als „normalerweise zuverlässig“ einstuften.

Auch nach dem formalen Ende der Zusammenarbeit 1952 kam man noch einige Male zusammen. Vor der Währungsreform in den Westzonen, bzw. der Westsektoren in Berlin 1948 erhielt Brandt Zigaretten, Zucker oder Kaffee, die auf dem Schwarzmarkt als Währungsersatz galten. Ab 1950 zahlte ihm der CIC nach Aktenlage monatlich 250 D-Mark, was etwa dem monatlichen Durchschnittseinkommen eines Westdeutschen entsprach, plus Spesen und Sonderzahlungen.

Laut Historiker Boghardt erwies sich Brandt für die US-amerikanischen Dienste „als Goldmine“.

Aber wie ist dieser Aktenfund zu bewerten? Überschritt der spätere Kanzler eine Linie, die er als Politiker nicht hätte überschreiten dürfen? Immerhin kooperierte er auch nach Gründung der BRD mit den US-Amerikanern.

Willy Brandt war schon früh mit der Schattenwelt der Geheimdienste in Verbindung geraten, was für einen Emigranten im Kampf gegen Hitler nicht ungewöhnlich war. Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, floh der 19 Jahre alte Sozialdemokrat nach Skandinavien und nahm nach seiner Ausbürgerung die norwegische Staatangehörigkeit an. Brandt arbeitete in Stockholm als Journalist. Zudem lieferte er den alliierten Geheimdiensten Informationen über die deutsche Besatzungsherrschaft in Norwegen und Dänemark und die Lage im neutralen Schweden (DER SPIEGEL 37/1999).

Insbesondere die US-Amerikaner schätzten den gutaussehenden, wortgewandten, polyglotten jungen Deutschen. Unter den Emigranten gehöre er „zu den Fähigsten und ist derjenige, der am wahrscheinlichsten nach dem Krieg eine Rolle spielen wird“, urteilte ein Geheimdienstoffizier.

1947 kehrte der 33-jährige Brandt als Presseattaché der norwegischen Militärmission nach Berlin zurück. Zeitgenossen beschrieben ihn als auffallende Erscheinung, ihn habe schon damals das gewisse Etwas umgeben, das ihn aus dem tristen Nachkriegsalltag heraushob.

Die SPD-Zentrale lag seinerzeit in Hannover und suchte fähige Nachwuchspolitiker, um das Land wieder aufzubauen. Brandt verließ den norwegischen Staatsdienst und wurde Anfang 1948 Vertreter des SPD-Parteivorstandes in Berlin und damit dien Art Botschafter der Sozialdemokraten beim Alliierten Kontrollrat, wie Biograf Peter Merseburger schreibt.

Brandt nahm nun wieder die deutsche Staatsbürgerschaft an. Kontakte zu mit den Siegermächten zählten fortan zu seinen Aufgaben, wohl auch mit dem CIC. So vermittelte er dem Dienst mindestens einen Termin bei SPD-Chef Kurt Schumacher.

Der CIC war eine Mischung aus Polizei und Geheimdienst. Auch US-Außenminister Henry Kissinger und der Schriftsteller J.D. Salinger („Der Fänger im Roggen“) diensten als junge Männer in der Truppe.

Im besetzten Deutschland durfte der CIC Verdächtige festnehmen, Briefe öffnen und Telefone abhören. Zunächst verfolgten die US-Amerikaner Nazi-Verbrecher. Mit dem Aufkommen des Ost-West-Konflikts wandten sie sich gegen die Sowjets.

Das geteilte Berlin wurde zum Tummelplatz der Dienste, die einander befehdeten.

Sektorengrenze in Berlin 1948: Tummelplatz der Geheimdienste
Bild entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 51/18.12.2021

Brandt, später als Hoffnungsträger der „Entspannungspolitik“ verehrt, war damals ein Kalter Krieger der offenen Konfrontation. In den CIC-Papieren wird der als „intelligenter, energischer Mann“ beschrieben. Ein Freund der Westmächte, der „wie ein wahrer Sozialist den Kommunismus hasst“.

Die erste Verbindung Brandts zu dem Geheimdienst war bald nach seiner Ankunft in Berlin durch einen US-Diplomaten zustande gekommen. Damals war Brandt noch norwegischer Offizier. Zwei CIC-Männer-Emigranten wie Brandt wurden seine Verbindungsleute. Sie trafen sich in einer konspirativen Wohnung in der Hagenstraße in Berlin-Grunewald, in Brandts Haus oder in dessen Auto. Brandt gebe die Informationen weiter, weil er glaube, der CIC bekämpfe „aktiv den Kommunismus“ heißt es laut Boghardt in einem CIC-Papier.

Die US-Amerikaner interessierte das Ostbüro der SPD. Noch war die Grenze nicht geschlossen. Man konnte über Berlin in die SBZ, bzw die DDR reisen. Kuriere fuhren nach Rostock oder Leipzig und versorgten die dortigen illegalen Sozialdemokraten mit Flugblättern und Broschüren. Zugleich sammelte das Ostbüro Informationen über das Geschehen jenseits des „Eisernen Vorhangs“. Eine verharmlosende Umschreibung für Wühltätigkeit gegen die SBZ, später die DDR.

Wenn man den CIC-Berichten glauben kann, gab Brandt vieles an die US-Amerikaner weiter, was er selbst aus dem Ostbüro über die politische und wirtschaftliche Lage im sowjetischen Bereich erfuhr. Am wichtigsten waren den US-Amerikanern Hinweise auf eine etwaigen Angriff Moskaus. Auskünfte über SPD-Interna lehnte Brandt offenbar ab.

Von westlicher Seite war an dieser Verbindung nichts inhaltlich anrüchig. Es ging doch darum mithilfe der US-amerikanischen Schutzmacht die bürgerliche Demokratie im Westen aufzubauen. Bis 1955 war die BRD nicht mal politisch souverän. Von den Vorschriften der BRD über Landesverrat waren deutsche Informanten der Alliierten ausdrücklich ausgenommen. (Anmerkung: Es ging da wohl eher um die Westalliierten. P.R.)

Historiker Boghardt glaubt allerdings, Brandt habe hinter dem Rücken seiner Genossen gehandelt. Dafür sprechen Treffen zwischen Brandt und den Agenten im Geheimen, die Bezahlung, seine CIC-Registrierung als „O-35-VIII“. Solche Nummern mit einem O wurden laut Boghardt an Quellen vergeben, die Informationen aus Organisationen weitergaben, zu denen sie aufgrund ihrer Stellung besonderen Zugang hatten, Im Falle Brandts das Ostbüro.

Nach CIC-Angaben hat Brandt zudem einige Zuträger des Ostbüros an die Amerikaner vermittelt- ein klarer Verstoß gegen den damaligen Ehrenkodex der SPD. Informanten wurden grundsätzlich nicht den Ausländischen Diensten überlassen.

Es gibt jedoch starke Indizien, die eine ganz andere Deutung nahelegen: Danach hat Brandt möglicherweise mit Wissen oder gar im Auftrag der Parteioberen gehandelt. So wusste die SPD-Führung, dass das Ostbüro mit Briten und US-Amerikanern grundsätzlich kooperierte. Es gebe „in gewissen Fällen gegenseitige Hilfe“, heißt es in einem zeitgenössischen Bericht für den SPD-Parteivorstand aus dem Archiv der sozialen Demokratie, der dem SPIEGEL vorliegt. Die Zusammenarbeit sei mit der damaligen SPD-Spitze abgesprochen gewesen, bestätigt für seine Organisation auch Peter Sichel (99), der damals CIA-Chef in Westberlin war.

Ex-CIA-Mann Sichel
Bild entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 51/18.12.2021

Wer etwa aus den westlichen Besatzungszonen nach Westberlin wollte, war auf Züge oder Flugzeuge der Alliierten angewiesen.

Durchaus denkbar also, dass Brandt mit Rückendeckung der Parteispitze den CIC mit Wissen aus dem Ostbüro gefüttert hat. Und vielleicht wurde er sogar ohne seine Kenntnis als Informant geführt, eine von ihm unterzeichnete Verpflichtungserklärung liegt jedenfalls bislang nicht vor. Seine CIC-Betreuer klagen vielmehr, dass für Brandt die Loyalität zur SPD „an erster Stelle“ stehe und er nur in Ausnahmefällen davon abweiche. Und die monatlichen Zahlungen des CIC? In seinen Erinnerungen „Links und frei“ hat Brandt später kategorisch ausgeschlossen, jemals Zuwendungen von einem Geheimdienst erhalten zu haben, was nach CIC-Angaben nicht stimmt. Allerdings gab er die Zigaretten, Lebensmittelgaben und das Bargeld von den US-Amerikanern überwiegend für die Arbeit des Ostbüros aus. Ein CIC-Offizier notierte 1948, Brandt habe „noch nie irgendeine Art von Bezahlung verlangt oder akzeptiert“.

Brandt sei nicht korrupt gewesen, betont auch CIA-Veteran Sichel, dessen Geheimdienst ebenfalls Kontakt zu dem Sozialdemokraten unterhielt. Nach Sichels Erinnerungen hat die CIA Brandt allerdings nie als einen Informanten gesehen, sondern als einen von mehreren „Vertretern legitimer politischer Parteien“, mit denen man über die Zukunft Deutschlands gesprochen habe.

Nur in einer Hinsicht zeigte Willy Brandt sich dann doch anfällig für Geschenke. Brandt habe „eine große Vorliebe für amerikanischen Whiskey“, heißt es in einem CIA-Bericht. Wenn man gelegentlich eine Flasche mitbringe, nehme er diese gerne an. Und an manchen Abenden, so geht es aus den Rechnungen der Geheimdienstakte hervor, brachten die Agenten gleich mehrere mit.

Entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 51/18.12.2021, bearbeitet von Petra Reichel

Autor des Original-Beitrages ist Klaus Wiegrefe

Download des Original-Artikels aus DER SPIEGEL, Autor Klaus Wiegrefe

Zum Brandt-Besuch in der DDR 1970

Gastbeitrag von Karl-Heinz Schulze  

Kalle
Karl-Heinz Schulze

Es geht nicht darum wer Anschieber wie beim Bobsport war, sondern wer der Steuermann? Walter Ulbricht war schon kalt gestellt, danach verstorben und Honecker noch nicht ganz am Ruder. Da kamen der frühere regierende Bürgermeister von Berlin-West und sein Freund vom RIAS Egon Bahr gerade recht um die sogenannte „Neue Ostpolitik“ zu begründen. Sie streuten vorsichtig einige Zuckerkrümel aus und der ganze Kram ging als „Entspannungspolitik“ in die Geschichte ein. Es war eben ein Kurswechsel hin zur Sozialdemokratisierung der SED. Diesen Zeitraum habe ich persönlich sehr bewusst und schmerzhaft mitbekommen. Doch was interessieren manche Leute noch die persönlichen Erfahrungen der damals einfachen Parteimitglieder? Von zu vielen kleinen Parteifürsten wird das heute immer noch vom Tisch gefegt. Es war die Zeit als auch Willi Stoph ein sehr hohes Ansehen in der Bevölkerung der DDR hatte. Auch ich glaubte damals dass er der Neue in der Führung bleiben wird, weil ich es auch nicht besser wusste. Erst unter Honecker konnte sich der Revisionismus vollends durchsetzen. Dafür gibt es unwiderlegbare Beweise mit den entsprechenden geschichtlichen Entwicklungen.

 

 

 

MfS-Dokument zum Brandt-Besuch von 1970

Die BStU stellt ein Dokument des MfS zum Brandt-Besuch von 1970 vor.

Siehe Mediathek des MfS.

 

Willy Brandt wurde zum Staatsbesuch eingeladen, aber dass die Bevölkerung darüber jubelte, war nicht erwünscht.

willy-brandt-denkmal-auf-dem-dach-des-erfurter-hofes-2009
Willy-Brandt-Denkmal auf dem Dach des Erfurter Hofes (2009)

Bildquelle: Von Michael Sander – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6856126

 

Na, was soll man dazu sagen? Ein totaler Widersinn. Die Regierung der DDR betrieb doch Regierungskriminalität, indem sie Willy Brandt einlud. Dann wunderte man sich, dass die Leute jubeln und „Willy, Willy“ rufen wollten. Wieder eine typische hilflose Reaktion. Die Politik versagt und die Exekutiv-Behörden müssen es ausbaden. Dieses Ereignis war der Anfang vom Ende.

BStU-Text:
„Im März 1970 besuchte Willy Brandt als erster westdeutscher Bundeskanzler die DDR. Die Stasi bereitete das deutsch-deutsche Treffen in Erfurt mit der Aktion „Konfrontation“ vor, konnte jedoch eine jubelnde und „Willy, Willy“ rufende Menschenmenge nicht verhindern. Laut Abschlussbericht der Aktion wurden 119 Personen festgenommen. „

 

 

Die Tutzinger Rede von Egon Bahr

Die Tutzinger Rede ist am 15. Juli 1963 im Politischen Club der Evangelischen Akademie in Tutzing gehalten worden. Diese Rede von Egon Bahr ist unter dem Schlagwort „Wandel durch Annäherung“ bekannt geworden. Sie ist eine der wenigen öffentlichen Ankündigungen des Strategiewechsels der Politik der BRD gegenüber der DDR. „Wandel durch Annäherung“ ist wörtlich gemeint, wurde damals aber nicht so empfunden. Die Politik unter dem Schlagwort „Wandel durch Annäherung“ löste Hoffnungen aus. Diese waren jedoch trügerisch.

Anstelle der offensiven und auf Konfrontation setzenden Konzepte der 1950er Jahre setzte Bahr auf die aktive Verständigung mit der DDR, weil jede Änderung nur mit Zustimmung, aber nicht gegen den Willen der Regierung der DDR zu erreichen sei.

Inhaltlich bezog sich Egon Bahr, zu diesem Zeitpunkt Presseamtschef des Westberliner Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt, ausdrücklich auf die „Stategy of Peace“Rede von John-F.-Kennedy vom 10. Juni 1963 und deren Vorläufer im US-Wahlkampf 1960. Diese wiederum standen am Anfang einer internationalen „Entspannungspolitik“, die für Europa bereits nach der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls 1961 einen Strategiewechsel im Kalten Krieg mit sich brachte. Daran knüpfte die „neue Ostpolitik“ von Willy Brandt an.

Der Strategiewandel der US-Außenpolitik begann bereits nach der versuchten Konterrevolution in Ungarn im Jahre 1956. Diese Ereignisse in Ungarn zeigten die Grenzen der offensiven Roll-Back-Politik auf. Dies war auch ein Grund, dass die USA Ruhe bewahrt haben, als am 13. August 1961 der antifaschistische Schutzwall errichtet wurde.

Schon im Februar 1961 hatte eine Studie im Auftrag des US-Senats zur „United States Foreign Policy in the U.S.S.R. and Eastern Europe“ festgestellt, dass alle Versuche des Westens, eine „Befreiung“ Ostmitteleuropas zu erreichen, ausnahmslos gescheitert seien. Im Gegenteil: Die Sowjets und die mit ihnen verbündeten Regierungen in Ostmitteleuropa seien sogar gestärkt worden. Die Überlegungen zu einer Fortführung der offensiven Politik bezogen sich zu diesem Zeitpunkt nicht oder kaum mehr auf Europa, sondern auf die „Dritte Welt“.

Kennedys Brief an Willy Brandt kurz nach der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls machte deutlich, dass die Bewahrung des Status quo in Europa auch beinhalten werde, die Existenz zweier deutscher Staaten zu akzeptieren. Es wurde Ulbricht erlaubt..“, schreibt Willy Brandt im Rückblick, „..der Hauptmacht des Westens einen bösen Tritt vors Schienbein zu versetzen- und die Vereinigten Staaten verzogen nur verstimmt das Gesicht. (…) Was man meine Ostpolitik genannt hat, wurde vor diesem Hintergrund geformt.“ Brandt, Willy, Begegnungen und Einsichten. Die Jahre 1960-1975, Hamburg 1975, S. 17.)

So ergab sich in den ersten Jahren nach der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls die verquere Lage, dass Westberlin schrittweise Verhandlungen mit Berlin/DDR aufnahm und damit im Gegensatz zu Bonn und der zwar bröckelnden, aber noch gültigen Hallstein-Doktrin geriet, nach der Beziehungen zu Berlin/DDR unerwünscht waren. Konrad Adenauers Formel, nach der die „Entspannung“ der „Wiedervereinigung“ folgen solle, setzte der seit Februar 1963 amtierende sozialliberale Westberliner Senat unter Brandt eine aktive Verständigungspolitik mit der DDR entgegen. Diese Westberliner Linie wurde wenige Monate später, am 15. Juli 1963, von Egon Bahr in seinem Vortrag in Tutzing vorgestellt.

Die „kommunistische Herrschaft“, so Bahr, solle nicht beseitigt, sondern verändert werden. Mit Bezug auf die Praxis der Rollback-Politik des letzten Jahrzehnts betonte Bahr, dass eine Politik des Alles oder Nichts in Zukunft ausscheide. „ Das Vertrauen darauf, dass unsere Welt die bessere ist, (..) die sich durchsetzen wird, macht den Versuch denkbar, sich selbst und die andere Seite zu öffnen und die bisherigen Befreiungsmöglichkeiten zurückzustellen.“  Jede Politik zu direkten Sturz der Regierung der DDR sei aussichtslos, und diese Einsicht bedeute eben auch, dass jede Änderung nur mit Zustimmung der dortigen Regierenden zu erreichen sei. Auch der Versuch, durch Abbruch sämtlicher politischer und wirtschaftlicher Verbindungen oder durch bewusste Verschärfung der Situation einen Zusammenbruch zu bewirken, habe sich in der Vergangenheit als der falsche Weg erwiesen, da Ulbricht aus Krisen immer gestärkt hervorgegangen sei. Daher sei der einzig erfolgversprechende Weg derjenige Kennedys, „dass Handel mit den Ländern des Ostblocks entwickelt werden soll, wie es möglich ist, ohne unsere Sicherheit zu gefährden“. Dabei könne das Ziel natürlich nicht sein, „..die Zone zu erpressen“. „Befreiung aus der kommunistischen Herrschaft“ blieb dennoch weiterhin das übergeordnete Ziel. Bahr sprach nicht zufällig davon, „..die bisherigen Befreiungsvorstellungen zurückzustellen“.

Jedoch sollte das sowjetische „Herrschaftssystem“ vor allem von innen aufgelöst werden. Verstärkte Handelsbeziehungen mit dem Osten, so die Überlegung, erhöhten den dortigen Lebensstandard und würden auf Dauer auch die Konsumwünsche und sonstigen Ansprüche in der Bevölkerung wachsen lassen. Dies wiederum zwinge die „Machthaber“ einerseits zu einem direkten wirtschaftlichen Wettbewerb mit dem Westen, andererseits wahrscheinlich auch zu immer größeren politischen Zugeständnissen im Inneren.

Das war Egon Bahr ankündigte, war zur damaligen Zeit im Koordinatensystem des Kalten Krieges revolutionär, auch wenn man sich auf die USA, die Führungsmacht des Westens, berief. Konservative sahen in dieser neuen Strategie „Verrat“. Sie erkannten nicht, dass nicht die direkte Konfrontation, sondern die indirekte Strategie der Weg zu Erfolg war.

Die „Entspannungspolitik“ hatte auch vernünftige Seiten, wie das Passierscheinabkommen im Jahre 1963. In Bonn setzte man noch weiterhin auf die Hallstein-Doktrin.

Die damalige große Koalition geriet ab 1966 auf deutsch-deutschem politischen Gebiet in Turbulenzen, weil Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger einerseits einen offiziellen Briefwechsel mit dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Willi Stoph, führte, andererseits aber – ebenso offiziell – darauf bestand, die DDR nicht als Staat anzuerkennen. Kritik gegenüber dieser Inkonsequenz kam insbesondere auch von der FDP, die ab 1969 mit der SPD die sozialliberale Koalition unter Willy Brandt bildete. „Aufgabe der praktischen Politik in den jetzt vor uns liegenden Jahren ist es..“, hieß es in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969, „…die Einheit der Nation dadurch zu wahren, dass das Verhältnis zwischen den Teilen Deutschlands aus der gegenwärtigen Verkrampfung gelöst wird.“ (Abgedruckt in Archiv der Gegenwart, Stankt Augustin 2000, S. 4880-4890; hier: S. 4881.)

Die Konsequenz des Strategiewechsels im Kalten Krieg in Europa waren Stellvertreterkriege in der „Dritten Welt“. Die von Kennedy erhoffte Verminderung der finanziellen Aufwendungen für den globalen Konflikt ergab sich daraus allerdings nicht zwangsläufig. Zwar führte die „Entspannungspolitik“ mittelfristig zu Abrüstungsverhandlungen und –verträgen, die den ungebremsten Ausbau bestimmter Waffensysteme zumindest zeitweilig verringerten. Aber die Rüstungen verlagerten sich zum einen regelmäßig auf die von den Vereinbarungen noch nicht erfassten Systeme. Zum anderen wuchsen die Ausgaben für die sogenannte passive Rüstung überproportional: Der Bau von Bunkern wurde in diesen Jahren auf beiden Seiten vorangetrieben. In den sozialistischen Ländern investierte man darüberhinaus verstärkt in den Ausbau des Sicherheitsapparates, um den unerwünschten Folgen der Annäherungen der Blöcke entgegenwirken zu können. Nun wissen wir, dass diese Investition erfolglos war.

Die Regierungen in den sozialistischen Ländern, insbesondere die Regierung der DDR sahen das Konzept des „Wandels durch Annäherung“ wie die „Neue Ostpolitik“ insgesamt mit einem lachenden und weinenden Auge. Der Nutzen für die DDR lag in der Anerkennung als Staat, die Gefahr in einer schleichenden Vereinnahmung. (So ist es ja schließlich gekommen.) Die SED jedenfalls sah damals die „Entspannungspolitik“, wie der damalige Außenminister der DDR, Otto Winzer, nach Bahrs Rede vermerkte, als „Aggression auf Filzlatschen“, die im schlechtesten Fall die seit der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls mühsam erreichte innere Konsolidierung der DDR zerstören könne. Zitiert nach Bahr, Egon, Zu meiner Zeit, München 1996, S. 157.                 Otto Winzer hat Recht behalten.

Die Jahre vor dem Beginn der Verhandlungen um den Grundlagenvertrag zwischen der BRD und der DDR waren, aufgrund der berechtigten Skepsis, von einer deutlichen Verschärfung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten gekennzeichnet. Ulbricht wollte die internationale Anerkennung der DDR, aber gelichzeitig sollte der Kontakt mit dem Klassenfeind im Westen möglichst gering bleiben. Auch bei anderen osteuropäischen Regierungen bleib das Misstrauen gegenüber der „Neuen Ostpolitik“ zu spüren, wenngleich aus anderen Motiven. Hier befürchtete man eine allmähliche Aufweichung der Gemeinschaft der sozialistischen Länder, zudem aber auch eine Annäherung zwischen der DDR und der BRD. Zu nah war noch die Erinnerung an den zweiten Weltkrieg. Später fielen die sozialistischen Länder doch auf die „Entspannungspolitik“ herein. In Bezug auf die DDR kam es mit dem Besuch von Willy Brandt bei Willi Stoph in Erfurt 1970 und mit der Ablösung von Walter Ulbricht durch Erich Honecker zur Änderung in Bezug auf die „Entspannungspolitik“.

Widerstand gegenüber der Politik „Wandel durch Annäherung“ gab es 1969 im Westen von konservativer Seite. Obwohl der neue Konservative US-Präsident Richard Nixon und sein Außenminister Henry Kissinger langfristig die „Entspannungsbemühungen“ fortsetzten, stärkte der Wechsel in Washington zunächst die dortigen Vertreter der Strategie der Konfrontation im Kalten Krieg. Die Möglichkeiten, die sich dadurch boten, nahmen auch die „Vertriebenenorganisationen“(Revanchistenverbände) der BRD intensiv wahr. Tatsächlich konnten sie nicht nur in der BRD, sondern auch bei rechtskonservativen Kongressabgeordneten der USA erfolgreich Stimmung gegen die „Entspannungspolitik“ von Willy Brandt machen.

Die Bemühungen, mit Hilfe von Organisationen aus den USA, die Verträge Willy Brandts mit den sozialistischen Ländern zum Scheitern zu bringen, waren aber letztlich erfolglos. Die konservative US-Administration zu Nixon und Kissinger bewegte sich bereits 1970 deutlich in Richtung der Ostpolitik von Willy Brandt. Störend war in Washington allerdings, dass die sozialliberale Koalition in Bonn fast ohne Rücksprache mit Washington in Verhandlungen mit den sozialistischen Ländern trat.

Gegen harte konservative Widerstände wurden 1973 vier Verträge zwischen der BRD auf der einen und der Sowjetunion sowie ihrer Verbündeten auf der anderen Seite geschlossen: der Gewaltverzichtsvertrag mit der UdSSR(12. August 1970), die Grundlagenverträge mit Polen(7. Dezember 1970) und der DDR(21. Dezember 1972) sowie der Vertrag über die Beziehungen mit der Tschechoslowakei(11. Dezember 1973).

Geht man davon aus, dass im Kalten Krieg ständig die Gefahr eines Nuklearkrieges präsent war, so war die „Entspannungspolitik“ einschließlich der obengenannten Verträge zunächst vernünftig. Doch unter allen Umständen wollte der Westen als Sieger aus dem Kalten Krieg hervorgehen, was ja schließlich gelungen ist. Die „Entspannungspolitik“ war die indirekte Strategie zum Sieg des Westens. Das ist bis heute Vielen nicht bewusst.

Sowohl John-F. Kennedys „Strategy of Peace“ wie Egon Bahrs „Wandel durch Annäherung“ beruhten auf der Magnettheorie als Teil der Liberation Policy, lehnten aber offensivere Formen der „Befreiung vom Kommunismus“ strikt ab. Dies erwies sich zumindest für Europa als erfolgreich.

Trotz „Entspannungspolitik“ kam der NATO-„Doppelbeschluss“, also die Stationierung von Atomraketen der USA in der BRD und die Ankündigung des SDI-Programms von westlicher Seite. Die Gefahr eines Atomkrieges rückte in greifbare Nähe. So wurden die sozialistischen Länder entscheidend geschwächt(totgerüstet). In der Sowjetunion war es möglich, dass Gorbatschow Karriere machen konnte und nach ganz oben aufstieg. Mit Sprüchen, wie „Neues Denken“ u.a. Unsinn mehr, wickelte er alle ein und weckte falsche Hoffnungen. Die innere Aufweichung der sozialistischen Länder trug nun Früchte. Gorbatschow war die Krönung dessen. Die Konterrevolution konnte nun marschieren.

Quellen- und Literaturhinweise

Bahr, E., Zu meiner Zeit, München 1996.
Becher, W., Zeitzeuge. Ein Lebensbericht, München 1990.
Brandt, W., Begegnungen und Einsichten. Die Jahre 1960–1975, Hamburg 1976. Kissinger, H., Memoiren 1968-1973, München 1979.
Schild, G., Wer gewann den Kalten Krieg? Reflexionen in der amerikanischen Literatur, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 43 (1995), S. 149-158.
Stöver, B., Der Kalte Krieg. Geschichte eines radikalen Zeitalters, München 2007. Stöver, B., Pressure Group im Kalten Krieg. Die Vertriebenen, die USA und der Kalte Krieg 1947-1990, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 53 (2005), S. 897-911. Summy, R., Salla, M. E. (Hg.), Why the Cold War ended. A Range of Interpretations, Westport 1995.
Westad, O. A. (Hrg.), Reviewing the Cold War. Approaches, Interpretations, Theory, London 2000.

 

Text von Bernd Stöver, bearbeitet von Petra Reichel

Anmerkung: Bernd Stöver ist einer der wenigen ehrlichen bürgerlichen Historiker.

 

Entnommen von der Website: „100(0) Schlüsseldokumente zur Deutschen Geschichte im20. Jahrhundert.“

Website zu Tutzinger Rede

 

 

 

Betreiber der Website: Bayrische Staatsbibliothek

Impressumg Bayrische Staatsbibliothek

 

PDF-Dokument von oben genannter Website, das als Vorlage dieses Beitrages ist.

Tutzinger Rede

 

Willy Brandt

Willy Brandt wurde als Herbert Frahm am 18. Dezember 1913 in der Lübecker Vorstadt St. Lorenz-Süd geboren. Brandts Geburt war nichtehelich. Nichteheliche Kinder galten früher als Schande. So wurde auch Brandts nichteheliche Geburt von Zeitgenossen vielfach als Makel angesehen. Politische Gegner benutzten seine uneheliche Geburt auch im Erwachsenleben, um ihn herabzusetzen. Er wehrte sich nicht dagegen, doch bekannte er, „Herkunft und üble Nachrede“ hätten ihm einen „Stachel eingepflanzt“. Noch im Bundestagswahlkampf 1965, in dem Brandt für die SPD gegen den CDU-Kandidaten Ludwig Erhard antrat, wurde dieser Umstand thematisiert.

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Brandts Geburtshaus in der Lübecker Meierstraße (2013)

Bildquelle:
Von Elisabeth S. Meyer-Lassahn – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Brandts Interesse für Politik ist auf seinen Stiefgroßvater Ludwig Frahm zurückzuführen. Frahm gehörte der SPD an, war zeitweise Vertrauensmann seiner Partei im Lübecker Stadtbezirk Holstentor-Süd und kandidierte 1926 und 1929 auf der SPD-Liste für die Lübecker Bürgerschaft. Brandt wurde 1925 Mitglied der Kinderfreunde, einer Kindergruppe der Falken, ab April 1929 der Sozialistischen Arbeiter-Jugend (SAJ), in der er als Mitglied der Lübecker Gruppe „Karl Marx“ mit Unterstützung Julius Lebers einen radikalen Kurs vertrat. 1928 wurde Brandt Bezirksvorsitzender der SAJ.

In diesem Umfeld betätigte sich Brandt seit 1927 regelmäßig publizistisch. Der „Lübecker Volksbote“, die örtliche SPD-Zeitung, die von Julius Leber redigiert wurde, druckte im Februar 1927 einen Aufsatz Brandts mit zwei Zeichnungen über eine Tageswanderung des Schülers mit Freunden zur Travequelle ab. Ab 1928 veröffentlichte Brandt Texte zu politischen Themen. Leber unterstützte Brandt und förderte zugleich sein politisches Engagement. Brandt erklärte später, Leber habe ihn in diesen Jahren entscheidend beeinflusst. Unter seiner Journalistentätigkeit litten die schulischen Leistungen. Ein Lehrer seiner Schule riet seiner Mutter im Jahr 1930: „Halten Sie Ihren Sohn von der Politik fern. Der Junge hat gute Anlagen. Aber die Politik wird ihn ruinieren“.

1930 trat Brandt der SPD bei. Ein Jahr später, im Oktober 1931 brach er mit Leber und der SPD, und warf der Partei – enttäuscht von ihrer Tolerierungspolitik gegenüber den Maßnahmen der konservativen Regierung des Reichskanzlers Heinrich Brüning – „Mutlosigkeit“ im Hinblick auf gesellschaftliche Veränderungen vor. Brandt schloss sich daraufhin der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) an. Diese hatte sich aus einer im Herbst 1931 von der SPD-Reichstagsfraktion abgespaltenen linkssozialistischen Gruppe zusammen mit anderen zwischen SPD und KPD positionierten Organisationen wie zum Beispiel der Rest-USPD um Theodor Liebknecht oder Ledebours Sozialistischem Bund als Partei der Einheitsfront konstituiert, um gegen die seit Beginn der Weltwirtschaftskrise verstärkte – in der Harzburger Front um NSDAP und DNVP verbündete – antidemokratische Rechte anzugehen. Brandt war Gründungs- und Vorstandsmitglied des Lübecker Ortsverbands der SAPD und übernahm in der Folgezeit auch zahlreiche organisatorische Aufgaben für die Gesamtpartei.

Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler Ende Januar 1933 und der nun beginnenden Zeit des Faschismus in Deutschland wurde die SADP verboten. Die Partei beschloss, unter den Bedingungen der Illegalität aus dem Untergrund im Widerstand gegen die Herrschaft des Faschismus weiterzuarbeiten.

Willy Brandt erhielt im März 1933 den Auftrag, die Ausreise des SAPD-Leitungsmitglieds Paul Frölich nach Oslo zu organisieren. Frölich wurde jedoch festgenommen, sodass Brandt dessen Aufgabe übernahm, in Oslo eine Zelle der Organisation aufzubauen. In dieser Zeit nahm er, der bis dahin noch unter seinem Geburtsnamen Herbert Frahm bekannt war, den „Kampfnamen“ Willy Brandt an, den er über sein weiteres Leben hinweg beibehalten sollte. Er emigrierte nach Dänemark und Norwegen und begann 1934 in Oslo ein Geschichtsstudium, das er jedoch wegen seiner publizistischen Tätigkeit für norwegische Zeitungen und seines politischen Einsatzes wenig vorantrieb und nicht zum Abschluss brachte. In Oslo leitete er auch die Zentrale des SAPD-Jugendverbandes SJVD. Ferner vertrat er den SJVD von 1934 bis 1937 beim Internationalen Büro revolutionärer Jugendorganisationen des Londoner Büros. Für den bis Sommer 1936 von den Faschisten im KZ Esterwegen inhaftierten Schriftsteller Carl von Ossietzky organisierte er von Norwegen aus die letztlich erfolgreiche internationale Kampagne zur Verleihung des Friedensnobelpreises, der Ossietzky 1936 rückwirkend für das Jahr 1935 zugesprochen wurde.

Im Auftrag Jacob Walchers, bis 1940 Leiter der SAPD-Auslandszentrale in Paris, reiste Brandt mit norwegischen Papieren unter dem Decknamen Gunnar Gaasland im September 1936 als Kurier nach Deutschland, wo er sich bis Dezember des Jahres aufhielt, um Verbindung mit SAPD-Genossen im Untergrund aufzunehmen und den Widerstand vor Ort mit den Aktivitäten der SAPD im Ausland abzustimmen. Nach außen war er als Journalist in Berlin tätig und sprach dabei Deutsch mit norwegischem Akzent. Der richtige Gunnar Gaasland war ab 1936 mit Gertrud Meyer, Brandts Lübecker Jugendfreundin, verheiratet, die ihrem langjährigen Gefährten im Juli 1933 nach Norwegen gefolgt war. Die Ehe mit Gaasland bestand auf dem Papier und gab „Trudel“, die bis 1939 mit Brandt zusammenlebte, die norwegische Staatsangehörigkeit. Gaasland stellte Brandt seinen Namen zur Verfügung und blieb in Norwegen.

Brandt war 1937 für mehrere norwegische Zeitungen Berichterstatter im Spanischen Bürgerkrieg(naional-revolutionärer Krieg in Spanien), in dem er den Kampf der linkssozialistischen POUM gegen die drohende Militärdiktatur der Falange unter dem putschenden General Franco unterstützte. Am 16. Juni entging er durch seine Rückkehr nach Oslo einer in Barcelona durchgeführten Verhaftungswelle. Am selben Tag war die POUM verboten worden. Die von Stalin beeinflusste PCE und die POUM standen im Kampf gegen Franco zunehmend in militärischer und politischer Konkurrenz zueinander.

Am 5. September 1938 wurde er von der faschistischen Regierung ausgebürgert und wurde staatenlos. Deswegen bemühte er sich um die norwegische Staatsbürgerschaft. Während der deutschen Besetzung Norwegens im Zweiten Weltkrieg geriet er 1940 vorübergehend in deutsche Gefangenschaft. Da er aber bei seiner Ergreifung eine norwegische Uniform trug und nicht enttarnt wurde, konnte er nach seiner baldigen Freilassung nach Schweden fliehen. In Stockholm gründete er zusammen mit zwei schwedischen Journalisten eine schwedisch-norwegische Presseagentur, die 70 Tageszeitungen in Schweden belieferte.

Im August 1940 wurde ihm von der Botschaft in Stockholm die norwegische Staatsbürgerschaft zugesprochen. Bis zum Ende des Krieges blieb er in Stockholm, wo er gemeinsam mit August Enderle federführend an der Wiederannäherung der SAPD-Exilanten an die SPD mitarbeitete.

Zusammen mit Martin Tranmæl, Torsten Nilsson, Henry Grünbaum, Fritz Bauer, Joachim Israel, Ernst Paul, Fritz Tarnow, Gunnar und Alva Myrdal, Stefan Szende und Bruno Kreisky war er an der Formulierung der „Friedensziele der demokratischen Sozialisten“ im März 1943 beteiligt, in denen Überlegungen zur europäischen Nachkriegsordnung publiziert wurden, die u. a. das Selbstbestimmungsrecht aller Nationen im Rahmen einer internationalen Rechtsordnung fordern. Mit Bruno Kreisky, dem späteren österreichischen Bundeskanzler, war er bis zu dessen Tode freundschaftlich verbunden und hielt im August 1990 die Grabrede bei Kreiskys Beerdigung.

Nach der Befreiung vom Faschismus 1945 kehrte Brandt als Korrespondent für skandinavische Zeitungen nach Deutschland zurück und berichtete über die Nürnberger Prozesse. Nachdem er am 20. Mai 1946 mit einer Rede in Lübeck über „Deutschland und die Welt“ Zustimmung der dortigen Sozialdemokraten erfahren hatte, stand im Sommer 1946 nach einem Gespräch mit Theodor Steltzer Brandts Rückkehr nach Lübeck zur Diskussion. Er sollte als Nachfolger von Otto Passarge Bürgermeister seiner Mutterstadt, wie er Lübeck nannte, werden. Nachdem ihm der norwegische Außenminister Halvard Lange vorschlug, als Presseattaché an die Norwegische Militärmission nach Berlin zu gehen und der norwegischen Regierung aus der Stadt vom beginnenden Kalten Krieg zu berichten, entschied er sich gegen seine Geburtsstadt, denn „Lübeck kam mir ein wenig eng vor“, nach seinen internationalen Erfahrungen seit der Emigration. Seiner Geburtsstadt blieb Brandt jedoch eng verbunden. So schloss er Wahlkämpfe bis hin zu Kommunalwahlkämpfen stets am Vortag der Wahl mit einer Kundgebung in Lübeck ab.

Den Decknamen Willy Brandt, den er sich 1934 zugelegt hatte, nutzte er ab 1947 dauerhaft. 1949 ließ er ihn als offiziellen Namen vom Polizeipräsidium Berlin anerkennen.

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Einbürgerungsurkunde vom 01. Juli 1948

 

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Von Foto: Sir James, taken 2013-10-12 – Willy-Brandt-Forum, Unkel, Germany, Gemeinfrei,Bild ist entsprechend verlinkt

Willy Brandt begann seine Karriere in der BRD und Westberlin 1949 als Westberliner Abgeordneter der SPD im ersten Bundestag der BRD. Auch im zweiten Bundestag der BRD von 1953 bis 1957 und dem vierten Bundestag der BRD, allerdings nur für wenige Wochen 1961, gehörte Willy Brandt als Westberliner Abgeordneter an. Von der Bundestagswahl 1969 bis zu seinem Tode im Jahre 1992 saß er für Nordrhein-Westfalen im Bundestag.

Am 03. Dezember 1950 wurde Willy Brandt auch in das Abgeordnetenhaus von Westberlin gewählt. Am 03. Oktober 1957 wurde er Regierender Bürgermeister von Westberlin. Brandt wurde zweimal – 1958 und 1963- wiedergewählt und bildete trotz absoluter Mehrheiten für die SPD Koalitionsregierungen(Senat Brandt I, II, und III). Er hatte das Amt bis Dezember 1966 inne, als er in die Bundesregierung eintrat und daraus als Regierender Bürgermeister von Heinrich Albertz abgelöst wurde.

In Brandts Westberliner Jahre fielen die versuchte Konterrevolution in Ungarn 1956, die Berlin-Krise 1958 und die Errichtung des Antifaschistischen Schutzwalls 1961.

In seiner Funktion als Regierender Bürgermeister war Brandt vom 01. November 1957 bis zum 31. Oktober 1958 turnusmäßig Bundesratspräsident.

Willy Brandt war in den späten 1950er Jahren ein Bewunderer John F. Kennedys.

Willy Brandt schätzte das dynamisch-moderne Auftreten John F. Kennedys. Er lernte Kennedy bei einem Besuch in Washington kennen, den er in seiner Funktion als Regierender Bürgermeister von Westberlin wahrnahm. Während des Bundestagswahlkampfes 1961 versuchte Brandt, sich als junge, moderne Alternative von dem inzwischen 85-jährigen Adenauer abzusetzen. Er nahm Kennedy als Vorbild, doch Kritiker meinten, dass er Kennedy auf „peinliche Weise kopiert“ hätte. Nach Kennedys vernünftiger Reaktion auf die Errichtung des Antifaschistischen Schutzwalls distanzierte sich Brandt zunächst von dem amerikanischen Präsidenten. Er erfuhr allerdings zwei Jahre später am 26. Juni 1963 bei Kennedys Besuch in Westberlin „größtmögliche Unterstützung und Anerkennung“. Zuvor hatten Differenzen zwischen dem Regierenden Bürgermeister und dem Bundeskanzler darüber, wer Kennedy als Erster die Hand schütteln und wer bei der Stadtrundfahrt neben ihm sitzen dürfe, ihre gegenseitige Abneigung deutlich werden lassen. Brandt begrüßte seinen Gast vor dem Rathaus Schöneberg mit den Worten: „Wir grüßen nicht nur das Amt, wir grüßen auch den Mann.“ Dann hielt Kennedy seine eingehend vorbereitete Rede mit dem zweimaligen Bekenntnis: „Ich bin ein Berliner“.

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Willy Brandt mit John F. Kennedy und Konrad Adenauer am 26. Juni 1963 in Westberlin

Bildquelle: Von Philip R Hunt – {Philip R Hunt}, CC BY 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Bei der Bundestagswahl 1961 trat Brandt erstmals als Kanzlerkandidat seiner Partei gegen den damals 85 Jahre alten Konrad Adenauer an. Adenauer spielte am 14. August 1961, einen Tag nach der Errichtung des Antifaschistischen Schutzwalls, bei einer Wahlveranstaltung in Regensburg, als er von seinem Gegenkandidaten als „Brandt alias Frahm“ sprach, auf dessen Jahre im Exil an, doch wurde der Ausdruck auch als Hinweis auf seine nichteheliche Geburt verstanden. Am 16. August benutzte Adenauer diese Formulierung in Bonn noch einmal. Franz Josef Strauß hatte bereits im Februar 1961 in Vilshofen unter Anspielung auf Brandts Exiljahre, die immer wieder zum Anlass für persönliche Angriffe bis hin zum Vorwurf des Vaterlandsverrats genommen wurden.

1962 übernahm Brandt auf Initiative von Herbert Wehner den stellvertretenden Parteivorsitz, 1964 als Nachfolger des verstorbenen Erich Ollenhauer den Bundesvorsitz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, den er bis 1987 innehatte. Bei der Bundestagswahl 1965 unterlag er Bundeskanzler Ludwig Erhard, woraufhin er sich enttäuscht vorübergehend von der Bundespolitik zurückzog und eine weitere Kanzlerkandidatur ausschloss. In dieser Zeit war er der wohl umstrittenste Politiker der BRD. Besonders verbitterte ihn, dass er aufgrund seiner Vergangenheit diffamiert wurde, während früheren Faschisten ihre Vergangenheit verziehen wurde. Immer wieder griff die konservative Presse Brandts Vergangenheit auf und legte sie gegen ihn aus. Zu den bekannten Vorwürfen kam im Wahlkampf 1961 die Instrumentalisierung seines Privatlebens in der öffentlichen Auseinandersetzung hinzu.

Brandt litt auch an den Diffamierungen vor der Bundestagswahl am 19. September 1965 und an der verlorenen Wahl. Auf dem SPD-Parteitag im Juni 1966 wurde er mit 326 von 426 Stimmen wiedergewählt

Nach Erhards Rücktritt am 1. Dezember 1966 wurde Kurt Georg Kiesinger (CDU) zum Bundeskanzler gewählt, der eine Große Koalition mit der SPD bildete. Willy Brandt trat von seinem Westberliner Amt zurück, übernahm das Amt des Außenministers und wurde Stellvertreter des Bundeskanzlers (Kabinett Kiesinger). Er bezog im Frühjahr 1967 eine Dienstvilla am Bonner Venusberg, in der er mit seiner Familie sieben Jahre lang wohnte.

Nach der Bundestagswahl im September 1969 bildete Willy Brandt gegen den Willen von Herbert Wehner und Helmut Schmidt, die eine Fortsetzung der Großen Koalition vorgezogen hätten, eine Koalition mit der FDP. Die sozialliberale Koalition verfügte über eine Mehrheit von nur zwölf Stimmen. Der Bundestag wählte Brandt im Oktober 1969 zum vierten Bundeskanzler in der Geschichte der BRD. Stellvertreter des Bundeskanzlers und Außenminister wurde Walter Scheel (FDP).

Brandts Amtszeit war verbunden mit dem Motto „Wir wollen mehr Demokratie wagen“ und dem Stichwort der „Neuen Ostpolitik“. Unter der Losung „Wandel durch Annäherung(Egon Bahr) propagierte man Hoffnung auf Frieden und Abmilderung des Kalten Krieges. Doch es war nur eine andere Art des Kalten Krieges, die mit der indirekten Strategie letztendlich erfolgreich war, während die direkte Konfrontation gescheitert war. Die Westmächte unterstützten diese Politik, weil auch deren Vertreter sahen, dass die indirekte Strategie der Weg zum Erfolg war.

Der weltweit beachtete Kniefall von Wahrschau am 07. Dezember 1970 am Mahnmal des Ghetto-Aufstandes von 1943 war ein Signal der Vernunft, leitete aber auch die indirekte Strategie des Kalten Krieges unter dem Motto „Neue Ostpolitik“ ein. Es folgten die Ostverträge mit Polen und der Sowjetunion und der Grundlagenvertrag mit der DDR.

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Brandt mit Willi Stoph in Erfurt (1970)

Bildquelle: Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F031406-0017 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de,  Bild ist entsprechend verlinkt

 

 

1970 hatte sich Willy Brandt in Erfurt mit dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR Willi Stoph zunächst zum deutsch-deutschen Gipfeltreffen in Erfurt im „Erfurter Hof“ und dann in Kassel getroffen.                                                                                                                    Es folgte ein Abkommen mit der Tschechoslowakei. Dieser „Neue Ostpolitik“ setzte Willy Brandt gemeinsam mit Walter Scheel gegen den Widerstand der CDU/CSU-Opposition durch, die noch auf die Strategie der direkten Konfrontation setzte.

Gleichzeitig ging es um innenpolitische Reformen in der Sozial-, Bildungs- und Rechtspolitik. Diese wurden aber nur teilweise realisiert.

In die Regierungszeit Brandts fiel auch die Ölkrise von 1973.

Der „Radikalenerlass“ wurde in der Regierungszeit Brandts eingeführt. D.h., dass DKPMitglieder, die im öffentlichen Dienst beschäftigt waren Berufsverbot bekamen oder mit Berufsverbot bedroht wurden. Von „mehr Demokratie wagen“ war nun keine Rede mehr. Nach dem unseligen KPD-Verbot sind Kommunistinnen und Kommunisten nun in ihrer Existenz bedroht worden.

Vom Amtsantritt der Regierung Brandt bis zu Jahr 1972 waren so viele Abgeordnete von der SPD zur Unionsfraktion gewechselt, dass die CDU/CSU-Fraktion rein rechnerisch über eine knappe Mehrheit verfügte.

Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Rainer Barzel glaubte daher im April 1972, Willy Brandt mittels eines konstruktiven Misstrauensvotums ablösen zu können. Doch für seine Wahl zum Bundeskanzler fehlten zwei Stimmen. Es heißt, dass mindestens zwei Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion vom MfS (Geheimdienst der DDR)bestochen worden wären.

Da die SPD/FDP-Fraktion über keine handlungsfähige Mehrheit mehr verfügte, stellte Brandt im September 1972 die Vertrauensfrage, bei welcher sich absprachegemäß die Bundesminister enthielten, so dass die Vertrauensfrage nicht positiv beantwortet wurde und Bundespräsident Gustav Heinemann im Sinne der Absichten Brandts den Bundestag auflösen konnte.

Bei den Neuwahlen im November 1972 wurde die Regierung Brandt bestätigt und verfügte nunmehr über eine handlungsfähige Mehrheit im Bundestag. Die SPD wurde mit 45,8 % der Stimmen erstmals stärkste Bundestagsfraktion, ein Ergebnis, das auch im Ausland als Volksabstimmung über die Ostverträge verstanden wurde, für deren parlamentarische Ratifizierung jetzt der Weg frei war.

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Brandt und Walter Scheel nach der gewonnenen Wahl, mit Horst Ehmke und Egon Bahr (1972)

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Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F038347-0030 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt

Die gewonnene Bundestagswahl 1972 stellte zwar den politisch größten Erfolg Brandts dar, jedoch ging es nun abwärts.

Dennoch kam der Rücktritt Brandts in Zusammenhang mit der Guillaume-Affäre für die Öffentlichkeit überraschend. Die Guillaume-Affäre war eher der Auslöser, als die Ursache für den Rücktritt. Als Ursachen gelten der mit der Ölkrise verbundene wirtschaftliche Abschwung und gesundheitliche Probleme Willy Brandts.

Bonn, Tagung SPD Präsidium nach Rücktritt Brandt

Brandt am Tag nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler mit seinem Amtsnachfolger Helmut Schmidt (links) bei einer Tagung des SPD-Präsidiums am 8. Mai 1974

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Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F042669-0060 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt

 

 

Auch nach seinem Rücktritt blieb Willy Brandt politisch aktiv. 1976 wurde er Präsident der Sozialistischen Internationale(bis zum 17. September 1992), ab 1979 war er Mitglied des Europäischen Parlaments(bis zum 01.März 1983).

Willy Brandt
Willy Brandt(1980)

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Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F057884-0009 / Engelbert Reineke / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Am 7. Juli 1979 kamen Brandt und der österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky in Wien mit Jassir Arafat, dem Chef der palästinensischen PLO, zu einem Meinungsaustausch zusammen. Am 15. Oktober 1984 traf Brandt sich auf Kuba mit Staatspräsident Fidel Castro. Im selben Jahr traf Brandt sich auch mit Deng Xiaoping und Michail Gorbatschow. Am 19. September 1985 kam er in Berlin/DDR zu Gesprächen mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker zusammen.

Bei der Friedensdemonstration in Bonn am 22. Oktober 1983 kritisierte Brandt den NATO-„Doppelbeschluss“.

In den 1980er Jahren erklärte Brandt, ähnlich wie Egon Bahr und andere führende Vertreter der SPD, die Vorstellung einer möglichen neuen staatlichen Einheit in Deutschland mehrfach für abwegig und gefährlich. Noch im Herbst 1988 wiederholte er zweimal seine vielzitierte Mahnung vor der Hoffnung auf Wiedervereinigung“ als Lebenslüge der zweiten Deutschen Republik. Doch das ist wohl nur Rhetorik gewesen, denn Brandt und Bahr arbeiten mit der indirekten Strategie auf die Niederlage des Sozialismus in Osteuropa und die Beseitigung der DDR hin.

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Die indirekte Strategie hat zum Erfolg geführt. Willy Brandt war dabei eine wichtige Figur. Dafür wurde ihm ein Denkmal gesetzt. Willy-Brandt-Denkmal auf dem Dach des Erfurter Hofes (2009)

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Von Michael Sander – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Brandt gehörte weiterhin dem Bundestag an und eröffnete nach der Bundestagswahl 1983 erstmals als Alterspräsident den Bundestag, obwohl er nur der zweitälteste Abgeordnete war. Egon Franke hatte als tatsächlicher Alterspräsident auf diese Würde verzichtet und Brandt den Vortritt bei der Eröffnung gelassen. Nach den Bundestagswahlen 1987 und 1990 eröffnete Brandt den jeweiligen Bundestag als tatsächlicher Alterspräsident.

Nach der Annexion der DDR gehörte Brandt zu den entschiedenen Befürwortern des Regierungsumzuges nach Berlin.

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Unkel, Willy Brandts Wohnhaus(2015)

 

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Von Wolkenkratzer – Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

 

 

Brandts Gesundheitszustand verschlechterte sich ab August 1992 zusehends. Er starb schließlich am 8. Oktober 1992 um 16:35 Uhr. Am 17. Oktober 1992 gedachte der Bundestag seiner in einem Staatsakt. Das Ehrengrab Willy Brandts befindet sich auf dem Berliner Waldfriedhof Zehlendorf neben dem Ehrengrab von Ernst Reuter, Vorgänger Brandts als Regierender Bürgermeister von Westberlin in den Jahren 1948 bis 1953. Brandts zweite Ehefrau Rut ist ebenfalls auf dem Waldfriedhof beigesetzt.

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Ehrengrab Willy Brandts auf dem Waldfriedhof Zehlendorf

 

Bildquelle: Von OTFW, Berlin – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

 

 

 

 

entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel