Walter Hallstein

Walter Peter Hallstein, geboren am 17. November 1901 in Mainz, gestorben am 29. März 1982 in Stuttgart, war ein deutscher Jurist, Hochschullehrer und Politiker(CDU). Der vormalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt wurde 1958 der erste Vorsitzende der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Nach ihm wurde die Hallstein-Doktrin benannt.

Walter Hallstein 1957
Walter Hallstein 1957

 

Bildquelle: Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F004665-0003 / Unterberg, Rolf / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5448739

 

 

In Mainz als Sohn eines Regierungsbaurats geboren, besuchte Hallstein das humanistische Rabanus-Maurus-Gymnasium. Nach dem Abitur studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn, München und Berlin. 1925 wurde er an der Universität Berlin zunächst Assistent von Martin Wolff und im selben Jahr mit einer juristischen Dissertation über den „Lebensversicherungsvertrag im Versailler Vertrag“ promoviert. 1927 arbeitete er als Referent am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht. 1929 folgten die Habilitation mit einer Arbeit über das Aktienrecht und die Tätigkeit als Privatdozent an der Berliner Universität.

Auch wenn Walter Hallstein nicht Mitglied der NSDAP war, so war er doch Mitglied in verschiedenen faschistischen Organisationen. Auch wenn es Differenzen mit dem faschistischen Regime gab, so war er doch Teil des faschistischen Systems.

Von 1930 bis 1941 war Hallstein ordentlicher Professor für Privat- und Gesellschaftsrecht an der Universität Rostock. Er war Mitglied des faschistischen Rechtswahrerbundes, der faschistischen Volkswohlfahrt, des faschistischen Luftschutzbundes und des faschistischen Dozentenbundes.[4] 1941 war er Professor für Rechtsvergleichung, Gesellschafts- und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Frankfurt.[1] Mitglied in der NSDAP oder der SA wurde Hallstein nicht.[5] Als er Professor an der Universität Frankfurt am Main werden sollte, gab es dagegen aufgrund früherer Vorfälle Widerstand vonseiten der NSDAP. Die wissenschaftliche Leitung der Universität setzte seine Einstellung dennoch durch. Seine Personalpolitik war jedoch dem Regime nicht genehm.[5]

 

 

1942 wurde Hallstein als Reserveoffizier zur Wehrmacht eingezogen und diente im Artillerie-Regiment 1709 (709. Infanterie-Division) in Nordfrankreich. Im Juli 1944 kam er während der Kämpfe um Cherbourg in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft. Im Kriegsgefangenenlager Camp Como im US-Bundesstaat Mississippi wirkte Hallstein an der Einrichtung einer Lageruniversität zur Weiterbildung mit. Nun ja, Hallstein war den Amis gewiss genehm.

Bereits im November 1945 kehrte Hallstein aus der Kriegsgefangenschaft zurück(wahrlich eine kurze Kriegsgefangenschaft)und setzte sich unverzüglich für die Wiedereröffnung der Frankfurter Universität ein. Er wurde nicht nur am 1. Februar 1946 Dozent an der wiedereröffneten Hochschule, sondern im April 1946 auch deren erster freigewählter Nachkriegsrektor. Dieses Amt hatte er bis 1948 inne. Zudem war Hallstein Vorsitzender der Süddeutschen Rektorenkonferenz und Leiter des Gründungsausschusses der Hochschule für Politik in Frankfurt am Main. Einen Tag vor seinem Amtsantritt an der Frankfurter Universität lehnte er das Angebot Ludwig Erhards ab, einen leitenden Posten im bayerischen Wirtschaftsministerium zu übernehmen.

1948 erhielt Hallstein den Ruf auf eine Gastprofessur an der Georgetown University in Washington, D.C.

Mit seiner Rückkehr nach Westdeutschland begann Hallstein sich intensiv für die Einbindung der BRD in internationale Organisationen und die westliche Staatengemeinschaft einzusetzen. Im Januar 1950 gründete er in Bad Soden eine Organisation, die gezielt auf die Aufnahme der BRD in die UNESCO hinarbeitete. Am 4. Juni desselben Jahres wurde in Paris erstmals über den westdeutschen UNESCO-Beitritt verhandelt. Bei der kontroversen Debatte, in der die Abgeordneten der sozialistischen Länder den Saal verließen, war Hallstein der Anführer der Delegation der BRD. Wenige Wochen später wurde Hallstein von Bundeskanzler Konrad Adenauer zum Leiter der bundesdeutschen Delegation bei der Pariser Konferenz für die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) berufen. Vor allem das Bundeswirtschaftsministerium kritisierte diese Entscheidung, da man Hallstein als Juristen nicht für kompetent für die wirtschaftspolitischen Verhandlungen hielt. Hallstein wurde dennoch zum engen Vertrauten Adenauers und gestaltete dessen Außenpolitik wesentlich mit. Am 28. August 1950 ernannte Adenauer Hallstein zum Staatssekretär im Bundeskanzleramt. Hallstein war der einzige Inhaber dieser Funktion, obwohl ursprünglich zwei Staatssekretäre im Kanzleramt geplant gewesen waren.

Ende 1950 begannen Diskussionen über das im September von den Westmächten genehmigte Bundesaußenministerium. In dieser Zeit versuchte die FDP Hallstein zum Parteibeitritt zu bewegen, vermutlich mit dem Ziel, ihn dann zum Bundesaußenminister zu machen. Der Staatssekretär lehnte eine politische Bindung aber ab. Schließlich wurde er 1951 unter Adenauer, der selbst das Amt des Bundesaußenministers übernommen hatte, Staatssekretär des Auswärtigen Amts. Diese Funktion hatte er bis 1958 inne. Wegen seiner zahlreichen Aufgaben als Staatssekretär und Leiter von verschiedenen Verhandlungsdelegationen (neben der Vorbereitung der EGKS auch die der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft [EVG] und der Wiedergutmachung mit Israel; bei der Wiedergutmachung mit Israel wurde der Staat Israel von der BRD unterstützt mit der Begründung der Judenverfolgung in der Zeit des Faschismus. Man muss aber zwischen dem Staat Israel und der jüdischen Bevölkerung, bzw. den während des Faschismus verfolgten Juden unterscheiden.) wurde Hallstein in dieser Zeit mehrfach kritisiert, weil er diese vielfältigen Aufgaben alleine nicht zufriedenstellend bewältigen könne.

Am 19. Oktober 1954 nahm Hallstein mit Bundeskanzler Adenauer (CDU) an der ersten bundesdeutsch-französischen Konferenz in Paris teil. Die Hallstein-Doktrin, die die Strategie der bundesdeutschen Außenpolitik in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren bestimmte, wurde zwar ab 1954 maßgeblich von Hallstein erarbeitet, aber am 23. September 1955 von Wilhelm Grewe, dem Leiter der politischen Abteilung im Auswärtigen Amt, formuliert. Hallstein selbst nahm 1955 an der Konferenz von Messina teil, die wichtige Weichen für die wirtschaftliche Integration der europäischen Länder stellte. Den Ende 1957 in Kraft getretenen EWG-Vertrag, der die Ergebnisse der Konferenz festschrieb, entwarf Hallstein maßgeblich mit.

Hallstein wurde am 7. Januar 1958 auf einer Außenministerkonferenz in Paris zum Präsidenten der ersten Kommission der entstandenen EWG gewählt. Noch im selben Jahr wurde er vor allem von britischer und skandinavischer Seite scharf kritisiert, weil er zu den entschiedensten Gegnern der letztlich gescheiterten Pläne für eine europäische Freihandelszone mit vielen Mitgliedern zählte und im Gegensatz dazu auf eine wirtschaftlich und politisch stark integrierte, dafür aber kleine Gruppe europäischer Staaten setzte. Ende 1959 veröffentlichte er den Hallstein-Plan, der einen stärkeren gemeinsamen Markt der EWG-Länder bei gleichzeitiger Liberalisierung des Außenhandels vorsah. In den folgenden Jahren kam es zu Verhandlungen über dieses Projekt, das Anfang 1962 nach zähen Diskussionen vor allem über die Agrarpolitik umgesetzt wurde.

Auf Druck Frankreichs kündigte Hallstein 1967 an, nicht für eine neue Amtszeit kandidieren zu wollen.[6] Er war dann von 1968 bis 1974 Vorsitzender der Internationalen Europäischen Bewegung (EMI). Von 1969 bis 1972 war Hallstein als Abgeordneter desWahlkreises Neuwied-Altenkirchen Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU). Die neue Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt interpretierte Hallstein als Wiederaufleben isolationistischer nationalstaatlicher Bestrebungen. Herbert Wehner (SPD) bezeichnete Hallstein daraufhin als „pensionierten Europäer“.

Hallstein verstarb am 29. März 1982 bei der befreundeten Familie Ritter in Stuttgart und wurde auf dem Waldfriedhof Stuttgart begraben.

 

Entnommen Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

Ludwig Erhard

Ludwig Erhard wurde am 4. Februar 1897 in Fürth geboren und ist am 05. Mai 1977 in Bonn gestorben.

Ludwig Erhard mit seinem Buch
Ludwig Erhard mit seinem Buch „Wohlstand für alle“
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Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F004204-0003 / Adrian, Doris / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Von 1949 bis 1963 war er Wirtschaftsminister der BRD und galt in dieser Funktion als Vater des „Wirtschaftswunders“ und der „sozialen Marktwirtschaft“, also des abgemilderten Kapitalismus. Von 1963 bis 1966 war er der zweite Bundeskanzler der BRD.

Ludwig Erhard
als Wirtschaftsminister, 25. April 1963
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Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F015320-0001 / Patzek, Renate / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de,  Bild ist entsprechend verlinkt

 

Erhard besuchte in Fürth die Volks- und Realschule und begann danach eine Lehre als Weißwarenhändler. Im Frühjahr 1916 schloss er diese als Einzelhandelskaufmann ab.

Danach nahm Erhard als Soldat der Bayrischen Armee am Ersten Weltkrieg teil. Er war 1916/17 mit dem 22. Feldartillerie-Regiment in Rumänien und 1918 an der Westfront eingesetzt und wurde Ende September 1918 bei Ypern schwer verwundet. 1919 schied er als Unteroffizier und Offiziersaspirant aus dem Militärdienst aus.

Aufgrund der Folgen der Kriegsverwundung war langes Stehen im väterlichen Geschäft nicht mehr möglich. So ging Erhard in die Wissenschaft.

Von 1919 bis 1922 studierte Erhard an der Handelshochschule Nürnberg und erwarb einen Abschluss als Diplom-Kaufmann. Anschließend absolvierte er ein Studium der Betriebswirtschaftslehre und der Soziologie an der Universität Frankfurt. Hier erfolgte im Dezember 1925 seine Promotion bei Franz Oppenheimer über „Wesen und Inhalt der Werteinheit“ . Die Promotion war eine kritische Reflexion zur Arbeitswerttheorie des Doktorvaters. Die Note war „gut“.

Erst im Jahre 1928 konnte Erhard beruflich wieder Fuß fassen. Das Geschäft seines Vaters hatte die Inflationszeit nicht überlebt. Erhard wurde Assistent beim Institut für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware an der Handelshochschule in Nürnberg. Gründer des Instituts war drei Jahre zuvor der Nationalökonom Wilhelm Vershofen. Vorbild war das amerikanische National Bureau of Economic Research. Zu dessen Pedant entwickelte sich bald das Berliner Institut für Konjunkturforschung. Es geht unter anderem auf Erhard zurück, dass das Nürnberger Institut sich in der Zeit des Faschismus auf die Marktforschung für Industriekunden verlegte. Von 1928 bis 1942 war er als wissenschaftlicher Assistent, später als stellvertretender Leiter beim Institut tätig. Seit 1933 wirkte er als Lehrbeauftragter an der Nürnberger Handelshochschule. Im Oktober 1932 forderte er, die Verbrauchsgüterproduktion zu fördern. Er trat für eine Wettbewerbswirtschaft und freie Marktpreisbildung ein.

Die Handelshochschule hatte seit 1931 das Habilitationsrecht, und Erhard versuchte sich an dem überaus ambitionierten Thema „Die Überwindung der Wirtschaftskrise durch wirtschaftspolitische Beeinflussung“. Das Manuskript ist durch seinen Nachlass bewahrt geblieben. Biograf Hentschel, selbst Wirtschaftshistoriker, meint, Erhard tauge dem Habilitationsversuch zufolge nicht als wissenschaftlicher Nationalökonom, da ihm die formale Strenge und die Fähigkeit fehlten, klare und schlüssige Gedanken zu fassen und unter Hinweis auf die verwendeten Quellen argumentativ miteinander zu verbinden. Die Ursachen der damaligen Weltwirtschaftskrise habe Erhard logisch unschlüssig gedeutet, die Lösung der akuten Probleme sei verfehlt gewesen. Der Staat solle in die Produktion eingreifen und die Wirtschaft besser lenken, da dies Einzelinteressen nicht zuzutrauen sei. Wie der Staat dies tun solle, erklärt Erhard aber nicht. „Das Ganze wäre bei straffer Gedankenführung in knapper Diktion auf fünf Seiten abzutun gewesen.“ Dies sei aber nicht Erhards Sache gewesen, der 141 Seiten schrieb und dabei seinen Gedanken freien Lauf gelassen habe.                                                                                                                                   Später behauptete Erhard, die Faschisten hätten ihn an der Habilitation gehindert. Diese aber hätten, so Hentschel, kein inhaltliches Problem gesehen, selbst wenn Erhard das Manuskript ohne Apparat eingereicht hätte. In der Zeitung des Instituts äußerte sich Erhard beispielsweise positiv über die faschistische Zwangskartellierung, denn sie beuge den Schäden des „artfremden Preiskampfes“ vor.

Im Namen der Nürnberger Handelshochschule organisierte Erhard 1935 als wissenschaftlicher Assistent von Wilhelm Vershofen das erste Marketing-Seminar Deutschlands. Dies wurde damals „Absatzwirtschaftlicher Kurs“ bezeichnet und war der Grundstein für die Nürnberger Akademie für Absatzwirtschaft den GfK e.v.  Aus diesen entstanden später die NAA GmbH und die GfK AG. Außerdem war er als wirtschaftspolitischer Berater zur Integration der annektierten Gebiete Österreich, Polen und Lothringen tätig.

Von 1942 bis 1945 leitete er das von ihm gegründete „Institut für Industrieforschung“, das von der „Reichsgruppe Industrie“ finanziert wurde. Ab Ende 1942 beschäftigte sich Erhard mit der ökonomischen Nachkriegsplanung. 1944 verfasste er im Auftrag der „Reichsgruppe Industrie“ für das Institut seine Denkschrift „Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung“. In dieser stellte er Überlegungen zum Neuaufbau der Wirtschaft nach dem Krieg an. Er empfahl unter anderem einen Währungsschnitt.

 

Karriere nach 1945:

Als parteiloser Wirtschaftsfachmann gelange Erhard rasch in hohe politische Ämter. Ludwig Erhard war einige Monate lang Wirtschaftsreferent in seiner Heimatstadt Fürth, bevor er im Oktober 1945 von der amerikanischen Militärregierung in die von Ministerpräsident Wilhelm Hoegner(SPD) geführte Bayrische Staatsregierung zum Staatsminister für Handel und Gewerbe berufen wurde. Nach den Wahlen im Dezember 1946 musste er dieses Amt niederlegen.

1947 leitete die Expertenkommission „Sonderstelle Geld und Kredit“ bei der Verwaltung der Finanzen der britisch-amerikanischen Zone(Bizone) und war in dieser Funktion mit der Vorbereitung der Währungsreform betraut.

1947 wurde er Honorarprofessor an der Universität in München und 1950 zusätzlich an der Universität in Bonn.

Am 2. März 1948 wurde Erhard auf Vorschlag der FDP zum Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes gewählt und zeichnete damit für die Wirtschaftspolitik in den westlichen Besatzungszonen verantwortlich. Erhard wurde erst fünf Tage vor dem geplanten Termin von den West-Alliierten über den Zeitpunkt der bevorstehenden Währungsreform am 20. Juni 1948 informiert. Einen Tag vor der Reform ließ er über den Rundfunk verkünden, Zwangsbewirtschaftung und Preisbindungen seien für einen ersten Bereich industrieller Fertigprodukte aufgehoben. Erhards Entscheidung, die dann mit dem „Leitsätzegesetz“ vom 21. Juni 1948 bestätigt wurde, gilt manchem als ein früher Beitrag zum späteren „Wirtschaftswunder“. Doch gab es ähnlich rasanten Aufschwung auch in anderen Industrieländern ohne Währungsreform und mit dauerhafter Wirtschaftslenkung.

Erhards Wirtschaftspolitik war zunächst heftig umstritten und nicht direkt von Erfolg gekrönt. Die Reformen führten zu hohen Preissteigerungen. Am 12. November 1948 riefen die Gewerkschaften einen Generalstreik aus. Auch in den Printmedien erfuhr Erhard heftigen Gegenwind. So kommentierte Marion Gräfin Dönhoff im Sommer 1948 in der ZEIT: „Wenn Deutschland nicht schon eh ruiniert wäre, dieser Mann mit seinem vollkommen absurden Plan, alle Bewirtschaftungen in Deutschland aufzuheben, würde das ganz gewiss fertigbringen. Gott schütze uns davor, dass der einmal Wirtschaftsminister wird. Das wäre nach Hitler und der Zerstückelung Deutschlands die dritte Katastrophe.“ Erst das einsetzende Wirtschaftswachstum zu Beginn der 1950er Jahre schien seinen Kurs zu bestätigen.

Als Direktor der Verwaltung für Wirtschaft suchte Erhard 1949 die Rückgabe der durch die Nazis „arisierten“ Porzellanfirma Rosenthal Porzellan AG an die Familie des Unternehmensgründers Philipp Rosenthal durch Intervention bei den US-Militärbehörden zu verhindern. Erhard hatte einen Beratervertrag mit der Rosenthal AG und erhielt jährlich 12.000 DM. Der US-Geheimdienst stufte ihn ab diesem Zeitpunkt als bestechlich ein. Die Ludwig-Erhard-Stiftung hält diese Darstellung für zweifelhaft.

Nach der Bundestagswahl 1949 wurde Erhard am 20. September 1949 als Bundesminister für Wirtschaft in die von Bundeskanzler Adenauer geführte Bundesregierung berufen.

Ludwig Erhard gilt als Vertreter des Ordoliberalismus, der im Wesentlichen von Walter Eucken in dessen Werk „Grundlagen der Nationalökonomie“ aus dem Jahre 1939 geprägt wurde. Im Ordoliberalismus kommt dem Staat die Aufgabe zu, einen Ordnungsrahmen für den freien Wettbewerb zu erzeugen, in der die Freiheit aller Wirtschaftssubjekte(auf voneinander) geschützt wird. Aus dieser Schule hatten besonders Wilhelm Röpke und Leonard Miksch unmittelbaren Einfluss auf die Wirtschaftspolitik im ersten Jahrzehnt der BRD. Als zweites wirtschaftliches Konzept hatte die von Alfred Müller-Armack entworfene Soziale Marktwirtschaft grundsätzlichen Einfluss auf die junge Bundesregierung. Kurz und gut kann man diese Wirtschaftskonzepte als geregelten und abgemilderten Kapitalismus bezeichnen. Diese Wirtschaftsordnung prägt die BRD bis heute und gilt immer noch dem Sozialismus als überlegen. Doch so nach und nach bröckelt dieses Modell des Kapitalismus.

Erhard war einer der beliebtesten Politiker der 1950er Jahre. Er galt für viele als Vater oder Schöpfer des Wirtschaftswunders der BRD. Sein Markenzeichen war der stets Zigarre rauchende Wirtschaftsminister.

Landtagswahlkampfreise Bundeskanzler Erhard
Ludwig Erhard 1966 mit Zigarre
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Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F022484-0016 / Engelbert Reineke / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Als überzeugter Verfechter des Kapitalismus trug Erhard harte Auseinandersetzungen mit Konrad Adenauer aus. Adenauer war kein Sozialpolitiker, sondern schlau, damit die Menschen in der BRD zufrieden gestellt werden und folglich sich nicht für ein anderes System interessierten. 1947 gab es Streit um die Rentenreform Das bestehende Umlageverfahren, also der sogenannte Generationenvertrag, lehnte Erhard als nicht zukunftsfähig ab. Diese Diskussion kennen wir ja heute zur Genüge. Damals setzte sich Adenauer aber durch und so haben wir (noch) unser Rentensystem als Umlageverfahren. Dass bereits Ludwig Erhard die Rentenversicherung in ihrer, noch bestehenden, heutigen Form abschaffen wollte, wird nicht bedacht, wenn er als Vater des Wohlstands präsentiert wird.

Nach der Bundestagswahl 1957 ernannte Adenauer Ludwig Erhard als Vizekanzler. Am 24. Februar schlug Adenauer die Kandidatur Erhardts für das Amt des Bundespräsidenten vor. Das wurde von Erhardt aber abgelehnt. Nach der Bundestagswahl 1961 wurde Erhard erneut Vizekanzler und Wirtschaftsminister. Als er 1962 während der SPIEGEL-Affäre hätte Kanzler werden können, enttäuschte er seine Anhänger durch seine Zögerlichkeit.

Nach Adenauers Rücktritt am 15. Oktober 1963 wurde Erhard, seit 1957 bereits Vizekanzler, am folgenden Tag zum Bundeskanzler gewählt. Viele, allen voran Adenauer, glaubten, dass er als Kanzler ungeeignet sei.

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Ludwig Erhard in der Kanzlergalerie

Ludwig Erhard, Porträt von Günter Rittner, 1974, Kanzlergalerie Berlin

 

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Von Günter Rittner – Eigenes Werk by Günter Rittner, CC BY 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

So wurde Erhard mehrheitlich als Zwischenlösung gesehen mit der Hauptaufgabe, einen Wahlsieg bei der Bundestagswahl am 19. September 1965 zu erringen.

Erhards Regierungszeit gilt als glücklos.

Als Abgeordneter war er von 1949 bis zu seinem Tode im Jahre 1977 Mitglied des Bundestages. Von 1949 bis 1969 zog er als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Ulm ins Parlament ein. 1972 und 1976 über die CDU-Landesliste Baden-Württemberg. Sowohl 1972 als auch 1976 oblag ihm als Alterspräsident die Eröffnung des Bundestages der BRD.

1967 gründete er die „Ludwig-Erhard-Stiftung“, die seine wissenschaftlichen und Wirtschaftsordnungs-Vorstellungen wissenschaftlich und publizistisch weiter pflegen soll. Außerdem war er erster Vorsitzender des Kuratoriums der „Hermann Kunst-Stiftung zur Förderung der neutestamentarischen Textforschung“(1964-1977), das die Arbeit des Instituts für Neutestamentarische Textforschung in Münster fördert.

Rückblickend äußerte er sich kurz vor seinem Tod zu seinem wirtschaftspolitischen Schaffen, insbesondere zur Unterbindung der Aufblähung des öffentlichen Sektors und der rapide anwachsenden Staatsverschuldung: „Ich habe als Bundesminister 80 Prozent meiner Kraft dazu verwenden müssen, gegen ökonomischen Unfug anzukämpfen, leider nicht durchweg mit Erfolg.“

Solche Sprüche wie „schlanker Staat“ usw. die wir heute kennen, sind in diesem Sinne. Das heiß nichts anderes, als Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wir wissen ja, das dass oft nichts Gutes gebracht hat. Das müssen wir uns vor Augen halten, wenn uns Ludwig Erhard als Vater des Wohlstandes präsentiert wird.

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Ludwig Erhard auf der Rückseite einer Zwei-DM-Münze

 

Bildquelle:
Von Bundesbank – Scan, Gemeinfrei,  Bild ist entsprechend verlinkt

 

 

Erhard starb am 05. Mai 1977 an Herzversagen in Bonn. Am 11. Mai 1977 fand aus Anlass seines Todes ein Staatsakt im Plenarsaal des Bundestages statt. Er wurde auf dem Bergfriedhof in Gmund am Tergernsee bestattet.

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Ludwig Erhards Grabstätte in Gmund am Tegernsee

 

Bildquelle:
Von Luthermütze – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Ludwig Erhard ist bis heute eine Galionsfigur der BRD.

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Briefmarke anlässlich des 100. Geburtstages von Ludwig Erhard
Bildquelle:
Von Professor Ernst Jünger, für das Bundesministerium der Finanzen und die Deutsche Post AG – http://philatelie.deutschepost.de/philatelie/informationen/archiv/jahrgaenge/97/970203.jhtml, Gemeinfrei, Bild ist entsprechend verlinkt

 

Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel