Die SPIEGEL-Affäre im Jahre 1962 in der alten BRD war ein Angriff auf die Pressefreiheit. Man bedenke, dass die BRD damals, wie heute die vergrößerte BRD sich der Pressefreiheit rühmt. Pressefreiheit ist relativ. Natürlich darf das politische und wirtschaftliche System nicht angegriffen werden. Die offiziellen Medien dürfen zwar Empörung schüren, aber niemals zum Aufstand gegen das System aufrufen oder gar eine Revolution begünstigen.
Im Jahre 1962 ist man beim SPIEGEL zu weit gegangen. Man witterte Landesverrat. Teile der Öffentlichkeit in der alten BRD sahen einen Versuch, eine damals missliebige Publikation zum Schweigen zu bringen.
In derSPIEGEL-Ausgabe 41/1962 vom 10. Oktober[1]erschien unter dem Titel „Bedingt abwehrbereit“ein vonConrad Ahlersund dem BonnerSPIEGEL-Redakteur Hans Schmelz verfasster Artikel zu den Resultaten desNATO-Manövers „Fallex 62“.
SPIEGEL-Titelbild 41/1962
Bild entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 1/30.12.2021
Conrad Ahlers (1974)
Bildquelle: Von Bundesarchiv_B_145_Bild-F043132-0034,_Bonn,_Empfang_bei_Bundesratsdirektor_Dr._Pfitzer.jpg:Ludwig WegmannBeschreibungdeutscher FotografNormdatei: Q109374788VIAF: 18152501139410682865GND: 1156657059derivative work: Mkill (talk) – Bundesarchiv_B_145_Bild-F043132-0034,_Bonn,_Empfang_bei_Bundesratsdirektor_Dr._Pfitzer.jpg, CC BY-SA 3.0,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8423759
Dieses war von der Annahme ausgegangen, der dritte Weltkrieg beginne mit einem sowjetischen Großangriff auf Westeuropa. Der Artikel stellt das damalige Konzept eines atomaren Erstschlags („pre-emptive strike“) und die entsprechende Rüstungspolitik unterBundesverteidigungsministerFranz Josef Straußin Frage: Die Bundeswehr sei aufgrund ihrer mangelhaften Ausstattung zu der von der NATO seit dem Amtsantritt des US-amerikanischen PräsidentenJohn F. Kennedyim Jahr 1961 bevorzugten konventionellen Vorwärtsverteidigung gegen Truppen desWarschauer Vertragsnicht in der Lage. Eine wirksame Abschreckung bleibe fraglich. Die Informationen, die zum Artikel führten, wurden dem SPIEGEL vom Leiter des Führungsreferats imFührungsstab des Heeres, OberstAlfred Martinzur Verfügung gestellt.
Bundesanwalt Albin Kuhn vermutete am 10. Oktober 1962 Landesverrat und bat das Verteidigungsministerium um ein Gutachten.[2] Der Würzburger Staatsrechtler und damalige Oberst der Reserve Friedrich August Freiherr von der Heydte erstattete am 11. Oktober Anzeige wegen Landesverrates gegen die Redaktion des SPIEGEL. Nach Einholen eines Gutachtens[3] beim Bundesverteidigungsministerium durch die Bundesanwaltschaft – die Ermittlungen leitete Siegfried Buback – erließ der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof am 23. Oktober die beantragten Haftbefehle und Durchsuchungsanordnungen. Die Haftbefehle betrafen mehrere SPIEGEL–Redakteure, darunter Conrad Ahlers, Claus Jacobi und Johannes K. Engel, sowie den Herausgeber und Chefredakteur Rudolf Augstein.[4]
Herausgeber Augstein vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe 1963: „Wesenselement des freiheitlichen Staates“
Bild entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 1/30.12.2021
Am Abend des 26. Oktober, einem Freitag, begann dann die Besetzung und Durchsuchung der SPIEGEL-Räume im Hamburger Pressehaus, später auch des Redaktionsbüros in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn, durch die Polizei.
Auf Anweisung von Chefredakteur Claus Jacobi übernahm nun der damaligeChef vom DienstJohannes Matthieseneinen redaktionellen Arbeitsstab, der die Weiterarbeit an der laufendenSPIEGEL-Ausgabe Nr. 44 leisten sollte. Schließlich gab Matthiesen nach Anordnung des Ersten Staatsanwalts Buback am späten Abend „dieDruckfahnenvollständig unter Einlegung eines Einspruchs heraus“.[5]
Der damalige Hamburger InnensenatorHelmut Schmidtwurde gegen 20:30 Uhr informiert, dass eine Aktion gegen den SPIEGEL begonnen hatte. Schmidt machte sofort „schwere politische Bedenken“ geltend und sah in dieser Aktion „eine außerordentliche Belastung der Debatten um dieNotstandsgesetzgebung“. Gleichwohl wies er den Hamburger Kriminaldirektor Erhard Land an, die vom Bundesinnenministerium erbetene Amtshilfe zu gewähren.[4]
Noch in der Nacht wurde Conrad Ahlers, der zusammen mit seiner Frau inTorremolinosim Urlaub war, von derspanischen Polizeiverhaftet. Franz Josef Strauß hatte die Verhaftung in einem nächtliche Anruf über den MadriderMilitärattachéAchim Oster, im von DiktatorFrancoregierten Spanien, veranlasst[6]Die Bonner Staatsanwaltschaft stellte später fest, dass er sich damit „objektiv“ derAmtsanmaßungundFreiheitsberaubungschuldig gemacht hatte.[7]Zwei Tage später, am Sonntag, dem 28. Oktober, stellte sich Rudolf Augstein der Polizei und wurde inUntersuchungshaftgenommen, er blieb 103 Tage in Haft.[8]
Diese Polizeimaßnahmen führten in Teilen der Bevölkerung, insbesondere beiStudenten, sowie bei der übrigenPresse, die sie als Angriff auf die Pressefreiheit kritisierte, zu Protesten. Da die Durchsuchung der Redaktionsräume desSPIEGEL vom 26. Oktober 1962 bis zum 25. November 1962 anhielt, ermöglichte neben den ebenfalls im Hamburger Pressehaus untergebrachtenZEIT,STERNundMORGENPOSTauch dieSpringer-Presse (Man höre, lese und staune.)denSPIEGEL-Redakteuren die Nutzung von Räumen und Ressourcen, so dass das Magazin weiterhin erscheinen konnte. Während einer tumultartigenFragestundeimBundestagam 7. November 1962 verteidigteBundeskanzlerAdenauer (CDU) die Maßnahmen. Den Grundsatz derUnschuldsvermutungmissachtend, das Ergebnis der Ermittlungen bereits vorwegnehmend, sagte Bundeskanzler Adenauer im Bundestag: „Wir haben einen Abgrund von Landesverrat im Lande.“ Zwischenruf des AbgeordnetenSeuffert(SPD): „Wer sagt das?“Adenauers Antwort: „Ich sage das.“ Und weiter: „Wenn von einem Blatt, das in einer Auflage von 500.000 Exemplaren erscheint, systematisch, um Geld zu verdienen Landesverrat getrieben wird …“ Die weiteren Ausführungen gingen im lauten Protest der SPD unter.[9][10][11]
Demonstranten in Frankfurt am Main 1962: Auflehnung gegen Autoritätshörigkeit
Bild entnommen aus DER SPIEGEL Nr. 1./30.12.2021
Im Laufe des Novembers weitete sich die SPIEGEL-Affäre zu einer Regierungskrise innerhalb des Kabinetts Adenauer aus. Verteidigungsminister Strauß (CSU) hatte zunächst beteuert, mit der ganzen Aktion nichts zu tun zu haben, geriet aber im Laufe der Zeit immer stärker in Verdacht, im Detail über die Aktionen informiert gewesen zu sein und sie auch selbst vorangetrieben zu haben. Die FDP war darüber erbost, dass Justizminister Wolfgang Stammberger (FDP) im Vorfeld der Aktion nicht informiert worden war – auch hierfür trug Strauß die Verantwortung: Er hatte auf den Staatssekretär im Justizministerium Walter Strauß eingewirkt, Stammberger nicht zu informieren. Am 19. November erklärten alle fünf FDP-Minister ihren Rücktritt aus Protest gegen Verteidigungsminister Strauß. Am 30. November erklärte dieser schließlich seinen Verzicht auf das Amt des Verteidigungsministers, woraufhin es am 14. Dezember 1962 zur Bildung der fünften – und letzten – Regierung Adenauer kam, die nur bis zum 11. Oktober 1963 andauerte.
Siehe auch das Video von Karl-Eduard von Schnitzler. So wurde die SPIEGEL-Affäre in der DDR gesehen.
Die verhaftetenSPIEGEL-Redakteure wurden nach und nach aus der Untersuchungshaft entlassen – Hans Schmelz, der den Hauptanteil der Recherchen beigesteuert hatte, nach 81 Tagen; zuletzt auch Rudolf Augstein nach 103 Tagen am 7. Februar.[13]Im Januar 1963 ermittelte die Bundesanwaltschaft im Gefolge der Ereignisse auch gegen den damaligen Hamburger Innensenator Helmut Schmidt wegen Beihilfe zum Landesverrat. Hintergrund war, dass Schmidt im Herbst 1962 der Bitte seines Studienfreunds Conrad Ahlers um Überprüfung von Auszügen des kurz vor der Veröffentlichung stehenden Artikels „Bedingt abwehrbereit“ auf strafrechtliche Veröffentlichungshindernisse nachkam.[14]Dieses Verfahren wurde erst Anfang 1965 eingestellt.
Am 13. Mai 1965 entschied der 3. Strafsenat desBundesgerichtshofs, dass keine Beweise vorlägen, die einen wissentlichen Verrat von Staatsgeheimnissen durch Conrad Ahlers und Rudolf Augstein belegen würden. Vielmehr waren die im Artikel genannten militärstrategischen und waffentechnischen Details zum Großteil bereits zuvor in anderen Medien veröffentlicht worden, darunter einem offenen Bericht desVerteidigungsausschussesdes Bundestages und in derFRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Sie entsprachen „dem damaligen Stand der öffentlichen Unterrichtung“ und stellten keinen Erkenntnisgewinn für gegnerische Geheimdienste dar. Somit wurde die Eröffnung einesHauptverfahrensgegen Ahlers und Augstein abgelehnt.[15]Ein Disziplinarverfahren gegenOberst Martinwurde eingestellt. Martin wurde zum 1. April 1969 mit 54 Jahren in den Ruhestand versetzt.
Der Spiegel-Verlag wollte durch dasBundesverfassungsgerichtfeststellen lassen, dass die Durchsuchungsanordnung und Beschlagnahme gegen die Pressefreiheit verstoßen habe. Bei Stimmengleichheit der Verfassungsrichter wurde die Verfassungsbeschwerde am 5. August 1966 zurückgewiesen (Spiegel-Urteil).[16]
Bereits kurz nach der Veröffentlichung des Berichts „Bedingt abwehrbereit“wurde aus dem Umfeld der CSU die Ansicht geäußert, es handle sich um eine gezielte Aktion des sowjetischen GeheimdienstesKGB zur Diskreditierung des Antikommunisten Strauß. Die – in der Sache zutreffenden – Informationen über die Fallex-Übung seien dem Spiegel vom KGB über einen Mittelsmann zugetragen worden. Der in den Westen übergelaufene tschechoslowakische GeheimdienstoffizierJan Šejnaerklärte 1977 auf einer wissenschaftlichen Tagung in den USA, die SPIEGEL-Affäre sei „zweifellos“ das Ergebnis einer Geheimdienstkampagne der sozialistischen Länder gegen Strauß gewesen. Als der britische GeschäftsmannJames Goldsmithdiesen Verdacht in seiner Zeitschrift „NOW!“publizierte, verklagte ihn der SPIEGEL-Verlag wegen übler Nachrede. Goldsmith legte Aussagen mehrerer KGB-Überläufer vor, die seine Version im Wesentlichen bestätigten, so etwa des früheren Agenten Ilya Dzhirkvelov.[18]Bereits ab 1960 sei Strauß auf Anweisung des damaligen ZK-Sekretärs für internationale Angelegenheiten,Boris Nikolajewitsch Ponomarjow, Ziel von Desinformationskampagnen gewesen, etwa durch die Anschuldigung, er sei Informant derCIA.[19]Auch der ranghöchste KGB-Überläufer in den Westen,Oleg Antonowitsch Gordijewskibestätigte eine Urheberschaft des sowjetischen Dienstes an der SPIEGEL-Affäre.[20]
1984 kam es vor einem britischen Gericht zu einem Vergleich, in welchem Goldsmith zwar einräumte, derSPIEGELhabe nicht „wissentlich mit dem KGB kooperiert“. Ansonsten sah sich Goldsmith aber in seiner Version der Dinge bestätigt und veröffentlichte den vollen Text des Vergleichs über ganzseitige Anzeigen in mehreren deutschen und amerikanischen Tageszeitungen.[21]DerSPIEGELräumte die Möglichkeit ein, unbewusst von der sowjetischen Seite instrumentalisiert worden zu sein, konnte aber den rufschädigenden Vorwurf abwehren, das Magazin sei in irgendeiner Form vom KGB gesteuert oder hätte mit ihm zusammengearbeitet.[22]
Die SPIEGEL-Affäre ist verfilmt worden. Es gibt auch viele Publikationen darüber. Anlässlich des 75jährigen Bestehens hat DER SPIEGEL selbst einen Artikel darüber aus heutiger Sicht veröffentlicht. (Siehe Download.)
In allen Besatzungszonen formierten sich demokratische Kräfte gegen die Spaltungspolitik der Imperialisten. 1947 entstand eine ganz Deutschland erfassende Massenbewegung für die demokratische Einheit Deutschlands und einen gerechten Friedensvertrag, die sich gegen die drohende Spaltung richtete, die Volkskongressbewegung.
Die Westmächte sprengten die Londoner Außenministerkonferenz. Offenkundig nahmen sie Kurs auf die Bildung eines westdeutschen Speparatstaates. Unmittelbar nach Beginn der Londoner Außenministerkonferenz trat am 26. November 1947 der Parteivorstand der SED zusammen und beschloss den „Aufruf zu einem deutschen Volkskongress für Einheit und gerechten Frieden“.
Vertreter der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande berieten 1948, obwohl sie keinerlei völkerrechtliche Kompetenz zur Behandlung der Deutschlandfrage besaßen – sie lag ausschließlich bei den vier Großmächten -, entscheidende Deutschland betreffende Fragen. Die nach dem Beratungsort benannten Londoner Empfehlungen enthielten u.a. den Anschluss der französischen Besatzungszone an die Bizone, die Bildung einer westdeutschen verfassungsgebenden Versammlung (Parlamentarischer Rat), den Erlass eines Besatzungsstatuts und die Einbeziehung der zusammenbeschlossenen drei westlichen Besatzungszonen in den Marshallplan. Die Londoner Empfehlungen waren die eigentliche Geburtsurkunde des westdeutschen Separatstaates. Seine Politik wurde von den Besatzungsmächten im Verein mit den reaktionären Kräften der deutschen Großbourgeoisie vorgezeichnet und auf die völlige politische, ökonomische und spätere militärische Einbeziehung in den imperialistischen Machtblock orientiert. Das war auch die Geburtsstunde des Grundgesetzes, der künftigen Verfassung dieses Separatstaates, mit der Die Spaltung Deutschlands besiegelt wurde.
Am 1. Juni 1948 erhielten die Ministerpräsidenten der Westzonenländer durch die drei Militärgouverneure den Auftrag, nach ihrer Weisung eine Separatverfassung auszuarbeiten, wozu sie sich auf der Koblenzer Konferenz vom 8-10 Juli 1948 bereit erklärten. Hier wurde auch der Beschluss gefasst, einen Parlamentarischen Rat zu gründen. In ihm sollten 65 Mitglieder arbeiten, die entsprechend der Bevölkerungszahl im Proporzverfahren (Wahlverfahren, nach der die Mandate entsprechend für jede Wahlliste abgegebenen Gesamtstimmenzahl verteilt werden, hier als Verhältniswahl) von den Länderregierungen gewählt wurden. Unmittelbar danach, im Juli/August 1948 trafen sich Mitglieder der Länderkabinette auf der Konferenz in zu Herrenchiemsee, um unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter Kontrolle der westlichen Alliierten den Entwurf einer Verfassung auszuarbeiten. Dieser sollte die Grundlage für die Verhandlungen im Parlamentarischen Rat sein.
Am 8. Mai 1949 wird das Grundgesetz vom Parlamentarischen Rat in Bonn angenommen. picture-alliance / dpa – Bildarchiv
Der parlamentarische Rat, dieses nicht durch demokratische Wahlen zustande gekommene Gremium, erarbeitete von August 1948 bis Mai 1949, wiederum unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter Kontrolle der westlichen Besatzungsmächte, das Grundgesetz der BRD. Der letzte Entwurf wurde vom Redaktionssauschuss hergestellt.
Parlamentarischer Rat 1948: Wegweiser zur Tagungsstätte und den Quartieren. (Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn)
Am 8. Mai 1949 fand die Schlussabstimmung über das Grundgesetz statt. 53 Mitglieder votierten für ja, 12 lehnten das Grundgesetz – freilich unter sehr unterschiedlichen Motiven – ab. Die Vertreter der KPD, Max Reimann und Heinz Renner, lehnten die Separatverfassung entschieden ab und erklärten übereinstimmend: „Ich unterschreibe nicht die Spaltung Deutschlands.“
Am 12. Mai 1949 erfolgte die Zustimmung der drei Militärgouverneure, und die Länder stimmten ihm in der Zeit vom 16. Bis 22. Mai 1949 zu. Nach Artikel 145 Absatz 2 trat das Grundgesetz der BRD nach seiner Verkündung am 23. Mai 1949 in Kraft. Mit der Zustimmung zum Grundsetz machten die westlichen Alliierten mehrere Vorbehaltsrechte geltend. Insbesondere machten sie, bezugnehmend auf entsprechende Bestimmungen dieser Verfassung, den Vorbehalt geltend, dass Westberlin nicht durch die BRD regiert werden darf und dass es keinerlei stimmberechtigte Vertretung im Bundesrat hat.
Während hinter verschlossenen Türen über die Spalterverfassung debattiert wurde, organisierten die in der Volkskongressbewegung vereinten demokratischen Kräfte aller Besatzungszonen eine große Volksaussprache über die verfassungsrechtliche Gestaltung einer zukünftigen demokratischen Republik. Die Gründung der DDR war die Antwort der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten unter Führung der SED auf die reaktionäre, separatistische Politik der imperialistischen Kräfte im Bündnis mit den rechten Führern der Sozialdemokratie sowie der Gewerkschaften und mit Unterstützung der westlichen Besatzungsmächte.
Am 7. September 1949 konstituierte sich in Bonn der Bundestag, das Parlament der BRD. Mit der Bildung einer Koalitionsregierung aus CDU,CSU, FDP und DP, an deren Spitze als erster Bundeskanzler der BRD Konrad Adenauer stand, fand die Schaffung dieses imperialistischen Staates seinen Abschluss. Seine Gründung war ein offener und schwerwiegender Bruch der Abkommen der Antihitlerkoalition und verletzte zutiefst das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes.
Unter dem Schutz der Westmächte schuf sich das Monopolkapital erneut einen zentralen staatlichen Machtapparat. Die imperialistischeBourgeoisie nutzte die Staatsmacht und die durch das Grundgesetz vorgezeichneten Herrschaftsstrukturen zur Restaurierung der sowie zu Schaffung eines Bollwerkes gegen die Sowjetunion, die anderen sozialistischen Staaten und antiimperialistische Bewegung in Westeuropa.
Entnommen aus „Staat und Recht in der Staatsbürgerkunde“, DDR 1987, bearbeitet von Petra Reichel
Walter Peter Hallstein, geboren am 17. November 1901 in Mainz, gestorben am 29. März 1982 in Stuttgart, war ein deutscher Jurist, Hochschullehrer und Politiker(CDU). Der vormalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt wurde 1958 der erste Vorsitzende der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Nach ihm wurde die Hallstein-Doktrin benannt.
In Mainz als Sohn eines Regierungsbaurats geboren, besuchte Hallstein das humanistische Rabanus-Maurus-Gymnasium. Nach dem Abitur studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn, München und Berlin. 1925 wurde er an der Universität Berlin zunächst Assistent von Martin Wolff und im selben Jahr mit einer juristischen Dissertation über den „Lebensversicherungsvertrag im Versailler Vertrag“ promoviert. 1927 arbeitete er als Referent am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht. 1929 folgten die Habilitation mit einer Arbeit über das Aktienrecht und die Tätigkeit als Privatdozent an der Berliner Universität.
Auch wenn Walter Hallstein nicht Mitglied der NSDAP war, so war er doch Mitglied in verschiedenen faschistischen Organisationen. Auch wenn es Differenzen mit dem faschistischen Regime gab, so war er doch Teil des faschistischen Systems.
Von 1930 bis 1941 war Hallstein ordentlicher Professor für Privat- und Gesellschaftsrecht an der Universität Rostock. Er war Mitglied des faschistischen Rechtswahrerbundes, der faschistischen Volkswohlfahrt, des faschistischen Luftschutzbundes und des faschistischen Dozentenbundes.[4] 1941 war er Professor für Rechtsvergleichung, Gesellschafts- und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Frankfurt.[1] Mitglied in der NSDAP oder der SA wurde Hallstein nicht.[5] Als er Professor an der Universität Frankfurt am Main werden sollte, gab es dagegen aufgrund früherer Vorfälle Widerstand vonseiten der NSDAP. Die wissenschaftliche Leitung der Universität setzte seine Einstellung dennoch durch. Seine Personalpolitik war jedoch dem Regime nicht genehm.[5]
1942 wurde Hallstein als Reserveoffizier zur Wehrmacht eingezogen und diente im Artillerie-Regiment 1709 (709. Infanterie-Division) in Nordfrankreich. Im Juli 1944 kam er während der Kämpfe um Cherbourg in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft. Im Kriegsgefangenenlager Camp Como im US-Bundesstaat Mississippi wirkte Hallstein an der Einrichtung einer Lageruniversität zur Weiterbildung mit. Nun ja, Hallstein war den Amis gewiss genehm.
Bereits im November 1945 kehrte Hallstein aus der Kriegsgefangenschaft zurück(wahrlich eine kurze Kriegsgefangenschaft)und setzte sich unverzüglich für die Wiedereröffnung der Frankfurter Universität ein. Er wurde nicht nur am 1. Februar 1946 Dozent an der wiedereröffneten Hochschule, sondern im April 1946 auch deren erster freigewählter Nachkriegsrektor. Dieses Amt hatte er bis 1948 inne. Zudem war Hallstein Vorsitzender der Süddeutschen Rektorenkonferenz und Leiter des Gründungsausschusses der Hochschule für Politik in Frankfurt am Main. Einen Tag vor seinem Amtsantritt an der Frankfurter Universität lehnte er das Angebot Ludwig Erhards ab, einen leitenden Posten im bayerischen Wirtschaftsministerium zu übernehmen.
1948 erhielt Hallstein den Ruf auf eine Gastprofessur an der Georgetown University in Washington, D.C.
Mit seiner Rückkehr nach Westdeutschland begann Hallstein sich intensiv für dieEinbindungderBRD in internationale Organisationen und die westliche Staatengemeinschaft einzusetzen. Im Januar 1950 gründete er inBad Sodeneine Organisation, die gezielt auf die Aufnahme der BRD in dieUNESCOhinarbeitete. Am 4. Juni desselben Jahres wurde inPariserstmals über den westdeutschen UNESCO-Beitritt verhandelt. Bei der kontroversen Debatte, in der dieAbgeordneten der sozialistischen Länder den Saal verließen, war Hallstein der Anführer der Delegation der BRD. Wenige Wochen später wurde Hallstein vonBundeskanzlerKonrad Adenauerzum Leiter der bundesdeutschen Delegation bei der Pariser Konferenz für die Gründung derEuropäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl(EGKS) berufen. Vor allem dasBundeswirtschaftsministeriumkritisierte diese Entscheidung, da man Hallstein als Juristen nicht für kompetent für die wirtschaftspolitischen Verhandlungen hielt. Hallstein wurde dennoch zum engen Vertrauten Adenauers und gestaltete dessen Außenpolitik wesentlich mit. Am 28. August 1950 ernannte Adenauer Hallstein zumStaatssekretärimBundeskanzleramt. Hallstein war der einzige Inhaber dieser Funktion, obwohl ursprünglich zwei Staatssekretäre im Kanzleramt geplant gewesen waren.
Ende 1950 begannen Diskussionen über das im Septembervon den Westmächten genehmigteBundesaußenministerium. In dieser Zeit versuchte dieFDPHallstein zum Parteibeitritt zu bewegen, vermutlich mit dem Ziel, ihn dann zum Bundesaußenminister zu machen. Der Staatssekretär lehnte eine politische Bindung aber ab. Schließlich wurde er 1951 unter Adenauer, der selbst das Amt des Bundesaußenministers übernommen hatte, Staatssekretär desAuswärtigen Amts. Diese Funktion hatte er bis 1958 inne. Wegen seiner zahlreichen Aufgaben als Staatssekretär und Leiter von verschiedenen Verhandlungsdelegationen (neben der Vorbereitung der EGKS auch die derEuropäischen Verteidigungsgemeinschaft[EVG] und derWiedergutmachung mit Israel; bei der Wiedergutmachung mit Israel wurde der Staat Israel von der BRD unterstützt mit der Begründung der Judenverfolgung in der Zeit des Faschismus. Man muss aber zwischen dem Staat Israel und der jüdischen Bevölkerung, bzw. den während des Faschismus verfolgten Juden unterscheiden.) wurde Hallstein in dieser Zeit mehrfach kritisiert, weil er diese vielfältigen Aufgaben alleine nicht zufriedenstellend bewältigen könne.
Am 19. Oktober 1954 nahm Hallstein mit Bundeskanzler Adenauer (CDU) an der ersten bundesdeutsch-französischen Konferenz in Paris teil. DieHallstein-Doktrin, die die Strategie der bundesdeutschen Außenpolitik in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren bestimmte, wurde zwar ab 1954 maßgeblich von Hallstein erarbeitet, aber am 23. September 1955 vonWilhelm Grewe, dem Leiter der politischen Abteilung im Auswärtigen Amt, formuliert. Hallstein selbst nahm 1955 an derKonferenz von Messinateil, die wichtige Weichen für die wirtschaftliche Integration der europäischen Länder stellte. Den Ende 1957 in Kraft getretenenEWG-Vertrag, der die Ergebnisse der Konferenz festschrieb, entwarf Hallstein maßgeblich mit.
Hallstein wurde am 7. Januar 1958 auf einer Außenministerkonferenz in Paris zum Präsidenten der ersten Kommission der entstandenen EWG gewählt. Noch im selben Jahr wurde er vor allem von britischer und skandinavischer Seite scharf kritisiert, weil er zu den entschiedensten Gegnern der letztlich gescheiterten Pläne für eine europäische Freihandelszone mit vielen Mitgliedern zählte und im Gegensatz dazu auf eine wirtschaftlich und politisch stark integrierte, dafür aber kleine Gruppe europäischer Staaten setzte. Ende 1959 veröffentlichte er den Hallstein-Plan, der einen stärkeren gemeinsamen Markt der EWG-Länder bei gleichzeitiger Liberalisierung des Außenhandels vorsah. In den folgenden Jahren kam es zu Verhandlungen über dieses Projekt, das Anfang 1962 nach zähen Diskussionen vor allem über die Agrarpolitik umgesetzt wurde.
Auf Druck Frankreichs kündigte Hallstein 1967 an, nicht für eine neue Amtszeit kandidieren zu wollen.[6] Er war dann von 1968 bis 1974 Vorsitzender der Internationalen Europäischen Bewegung (EMI). Von 1969 bis 1972 war Hallstein als Abgeordneter desWahlkreises Neuwied-Altenkirchen Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU). Die neue Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt interpretierte Hallstein als Wiederaufleben isolationistischer nationalstaatlicher Bestrebungen. Herbert Wehner (SPD) bezeichnete Hallstein daraufhin als „pensionierten Europäer“.
Hallstein verstarb am 29. März 1982 bei der befreundeten Familie Ritter in Stuttgart und wurde auf dem Waldfriedhof Stuttgart begraben.
Die Hallstein-Doktrin war eine außenpolitische Doktrin der BRD von 1955 bis 1969, die von der BRD nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion offiziell begründet wurde. Die BRD nahm im September 1955 im Zuge der Moskau-Reise Konrad Adenauers diplomatische Beziehungen zur Sowjetunion auf. Zuvor war der Kontakt zur östlichen Siegermacht des II. Weltkrieges über die alliierten Westmächte geführt worden. Eigentlich wollte die BRD die sozialistischen Staaten(mit ihren Beziehungen zur DDR)nicht anerkennen, erklärte aber die Sowjetunion wegen ihrer Bedeutung zur Ausnahme.
Die Hallstein-Doktrin, benannt nach Walter Hallstein(CDU), Staatssekretär im Auswärtigen Amt von 1951 bis 1958, besagte, dass die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur DDR durch Drittstaaten als „unfreundlicher Akt“ gegenüber der BRD betrachtet werden müsse. Damit war eine weite Skala von wirtschaftlichen Sanktionen bis zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem betreffenden Staat möglich. Ziel war es die DDR außenpolitisch zu isolieren.
Während der 1950er Jahre hatte die BRD dieses Ziel weitgehend erreicht.
Beginnend mit dem Generalkonsulat, das die DDR 1959 in Kairo einrichtete, begann die Isolierungsfront jedoch zu bröckeln. Im Verlaufe der 1960er Jahre gelang es der DDR durch die Einrichtung einer großen Zahl halboffizieller Missionen, die Hallstein-Doktrin weitgehend auszuhöhlen. Bereits 1965 war die DDR in knapp 50 Staaten auf die ein oder andere Weise vertreten.
Eine erneute Debatte um die Brauchbarkeit der Hallstein-Doktrin entzündete sich an der Ägypten-Reise von Walter Ulbricht sowie den diplomatischen Aktivitäten in deren Umfeld. Nun wandte sich die Hallstein-Doktrin gegen die BRD selbst.
Die Zeitschrift „Europa-Archiv“ befasste sich in einem Aufsatz unter dem Titel „Überprüfung des deutschen politischen Instrumentariums; die Hallstein-Doktrin nach dem Besuch Ulbrichts in Ägypten“ mit den Folgen dieses Ereignisses. Der Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht erhielt eine offizielle Einladung der ägyptischen Regierung. Die Regierung der BRD konnte dies nicht verhindern und musste die Aufwertung der Regierung der DDR hinnehmen. Der ägyptische Staatspräsident, Gemal Abdel Nasser konnte darüber hinaus den Abbruch der Waffenhilfe der BRD für Israel erzwingen. Die Ankündigung der Einstellung der Wirtschaftshilfe der BRD für Ägypten beantwortete Nasser mit der Drohung daraufhin diplomatische Beziehungen zur DDR aufzunehmen. All das hatte in der BRD zur Erkenntnis geführt, dass neue Überlegungen in der Außenpolitik notwendig sind. Erstmals war deutlich geworden, dass die Hallstein-Doktrin rückwirkend auch gegen die BRD verwendbar war. Folglich wurden Stimmen lauter, die die Abschaffung der Hallstein-Doktrin für sinnvoll hielten.
Derartige Forderungen kamen inzwischen auch aus dem Lager der Regierungsparteien. 1965 äußerte sich der FDP-Vorsitzende Erich Mende: „Die Vorgänge bei der jüngsten Nahost-Krise haben bewiesen, dass diese Doktrin(die Hallstein-Doktrin)zumindest heute kein geeignetes außenpolitisches Instrument mehr ist, um den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik zu wahren und die Wege zu einer friedlichen und freiheitlichen Lösung der deutschen Frage offen zu halten…Überall dort, wo die Bundesrepublik die Flagge streicht, wird die Spalter-Flagge Ulbrichts hochgezogen werden. Damit würde die Sowjetzone in die Lage versetzt, in politisch wichtigen Gebieten unserer Erde ihr Alleinvertretungsrecht für Deutschland proklamieren zu können.“ („Die deutsche Ostpolitik 1961 – 1970“, a.a.O. S. 85)
Neben einer politischen Erpressbarkeit der BRD brachte die Hallstein-Doktrin also im Falle eines weiteren Zerfalls der Nichtanerkennungsfront die Gefahr mit sich, dass die BRD in verschiedenen Staaten –vor allem in der sogenannten Dritten Welt- seine diplomatischen Vertretungen verlor und sich die Einflussmöglichkeiten der BRD sich entsprechend verringerten.
Das Instrument, das zum Zwecke der außenpolitischen Isolierung der DDR geschaffen wurde, wandte sich nun gegen die BRD selbst.
Die Hallstein-Doktrin hatte eine weitere hinderliche Wirkung. Sie stand einer Ausweitung des Einflusses der BRD in Osteuropa im Wege. Der Verzicht der BRD auf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu den sozialistischen Ländern in Osteuropa, erschwerte merklich die Realisierung der neuen ostpolitischen Strategie des Eindringens und Einwirkens. Der erste Versuch waren Handelsvertretungen der BRD in Osteuropa, um der selbstgeschaffenen Zwangslage zu entgehen und ohne offizielle diplomatische Kontakte die Handlungsmöglichkeiten der BRD im osteuropäischen Raum auszuweiten. Doch schon bald zeigten sich die Grenzen dieses Konzepts. Damit erschwerte die Hallstein-Doktrin letztlich eben das, was sie befördern sollte: die Isolierung der DDR. Denn die Ausweitung des Einflusses der BRD in Osteuropa diente ja insbesondere dem Zweck, den Rückhalt für die DDR-Positionen in diesen Ländern zu unterhöhlen.
Aus verschiedensten Gründen begann die Hallstein-Doktrin im Verlaufe der 1960er Jahre der Außenpolitik der BRD lästige Fesseln anzulegen; dagegen wurden die Chancen, dass sie ihren eigentlichen Zweck zu erfüllen vermochte – die DDR in eine international isolierte Position zu drängen- immer geringer.
Eine weitere Erwägung spielte in der Diskussion um die Hallstein-Doktrin eine Rolle: die, dass es immer sinnvoll sei, Ansprüche, die perspektisch ohnehin nicht zu halten sind, rechtzeitig aufzugeben, dann nämlich, wenn man Chancen hat, „etwas für sie zu bekommen“. Denn, prognostiziert die „Zeit“, „je mehr Staaten die DDR anerkennen, desto geringer wird die reale politische Bedeutung der Nichtanerkennung und der Handelswert(!) der Anerkennung seitens der Bundesrepublik.“ (zit. Nach: Theo Sommer(Hrsg.), „Denken an Deutschland..“, Nannenverlag GmbH, Hamburg 1966, S. 164)
„Sollte aber die Bundesrepublik in der Nichtanerkennung der DDR eines Tages mehr oder minder international isoliert sein, dann verliert die Nichtanerkennung an politischer Wirkung und die nachträgliche Anerkennung an Wert.“(zit. Nach: Theo Sommer(Hrsg.),“Denken an Deutschland..“, Nannenverlag GmbH, Hamburg 1966, S. 133)
Daraus folgt die Empfehlung, die Politik der BRD möge die „Freigabe“ einer internationalen Anerkennung der DDR, die sie langfristig ohnehin nicht verhindern kann, möglichst bald zum Verhandlungsgegenstand mit der DDR machen. In diesen Verhandlungen sollte aber dann für die Aufgabe des „Rechtsanspruches“ der BRD noch so viel, wie möglich an politischen Zugeständnissen der DDR herausgeholt werden.
Tatsächlich sollte die sowjetische Führung die DDR dazu bringen, sich auf diesen zweifelhaften Handel einzulassen.
Schließlich erkannte derVertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik(Grundlagenvertrag)vom Dezember 1972 die Existenz des jeweils anderen deutschen Staates an und legte fest, dass keiner der beiden deutschen Staaten den anderen international vertreten oder in seinem Namen handeln könne. Fortan ging dasnichtsozialistische Auslandvon einerde-facto-Anerkennung der DDR über zu einerde-jure-Anerkennung.
Aber auch nach der Entspannung derdeutsch-deutschen Beziehungenund derAufnahme beider Staaten in die UNam 18. September 1973 blieb überwiegend die Auffassung bestehen, dass die BRD der alleinige rechtmäßige Vertreter des gesamten deutschen Volkes sei, weil sievölkerrechtlich Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichessei. Hinzu kam die Politik der Bundesregierung.
Flaggen beider deutscher Staaten 1973 vor UNO-Hauptquartier in New York
Der Koreakrieg von 1950 bis 1953 war ein Ereignis des Kalten Krieges, das mit dem Risiko behaftet war in einen heißen Krieg umzuschlagen. Dieser Krieg wird auch als Stellvertreterkrieg zwischen den USA und der UdSSR gesehen. Daraus konstruierte die antikommunistische Propaganda der BRD, dass es auch zwischen den beiden deutschen Staaten zu einem Stellvertreterkrieg kommen könnte, indem die Truppen der DDR die BRD überrennen. Auch einen direkten Angriff der UdSSR hielten die Propagandisten für möglich. Das ist völlig absurd. Doch die Mehrheit der Bevölkerung glaubte, dass diese absurde Propaganda die Verkündigung der Wahrheit wäre. So beunruhigte sich die Mehrheit der Bevölkerung der BRD. Dies machte sich unter anderem mit Hamsterkäufen bemerkbar.
Der Wikipedia-Beitrag zur Situation in der DDR zu jener Zeit ist irreführend. Um sich über die Situation auf der DDR-Seite zu informieren, hier der Hinweis auf die TROMMLER-Beiträge im Schwesterblog DIE TROMMLER-ARCHIV:
Die BRD besaß 1950 keine eigenen bewaffneten Kräfte, lediglich die Bundesländer verfügten über Bereitschaftspolizeien. Im Frühjahr 1950 war von den alliierten Vereinigten Stabschefs der alliierten Streitkräfte(Westalliierte) in der BRD die Forderung erhoben worden, unter dem Namen „Staatsschutz“ eine Bundespolizei von 5.000 Mann aufzustellen. Tatsächlich wurde erst 1951 mit dem Aufbau des Bundesgrenzschutzes begonnen. Eine Besonderheit bildeten die alliierten Dienstgruppen, in denen 1950 etwa 145.000 BRD-Bürger beschäftigt waren. Für Sicherheitsaufgaben an den Küsten wie etwa die Seeminenbekämpfung gab es kleinere deutsche Seeverbände mit etwa 1600 Mann unter alliierter Führung.
Durch die absurde Behauptung „Bedrohung aus dem Osten“ u.ä. Propagandamaterial, wurde nun der Grundstein für eine europäische, bzw. westdeutsche Militarisierung und Wiederbewaffnung der BRD, gelegt.
Bundeskanzler Konrad Adenauer behauptete seit Gründung der BRD, dass deren Souveränität in erheblichem Maße davon abhängen werde, wie stark sie sich an der europäischen Verteidigung mit eigenen Truppen beteiligen würde.
Für eine solche Beteiligung zeichneten sich verschiedene Optionen ab, wobei eine nationale westdeutsche Wehrmacht sowohl von westdeutscher Seite als auch in der europäischen Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde. Eine Option war die Schaffung einer so genannten Bundesgendarmerie als stark bewaffneter Polizeitruppe mit bis zu 60.000 Mann. Tatsächlich bewilligten die Alliierten die Aufstellung einer solchen, später als Bundesgrenzschutz bezeichneten Truppe mit zunächst 30.000 Angehörigen. Außerdem wurde die Möglichkeit erwogen, die Alliierten Dienstgruppen auszubauen.
Adenauer bestand auf einer alliierten Anfrage als Voraussetzung für bundesdeutsche Überlegungen über einen Verteidigungsbeitrag. Diese Anfrage beschloss der Nordatlantikrat am 19. September 1950. Am gleichen Tage verabschiedeten die Außenminister der USA, Großbritanniens und Frankreichs ein Kommuniqué, in dem praktisch der Zusammenhang zwischen Wiederbewaffnung und Souveränität der BRD anerkannt wurde. Neben Lockerungen des alliierten Besatzungsrechts wurde angeboten, einen Angriff auf die BRD wie einen Angriff gegen sich selbst zu behandeln. Das war faktisch das Angebot einer Garantieerklärung für die Sicherheit BRD.
Die Himmeroder Expertengruppe
Damit war die Frage der militärischen Bewaffnung der BRD jedoch noch längst nicht politisch entschieden. Unter dem Eindruck des Koreakriegs erfolgte eine Anzahl von Sondierungen zwischen den Westalliierten untereinander und mit der Regierung Adenauer. Im September 1950 sahen Adenauer und seine amerikanischen Gesprächspartner die Zeit gekommen, Gespräche über praktische Fragen eines bundesdeutschen Verteidigungsbeitrags vorzubereiten. Dafür wurden auf bundesdeutscher Seite Experten gesucht, die für die Aufgabe zur Verfügung standen und auch politisch akzeptabel waren.
Adenauer hatte im Mai 1950 unter größter Geheimhaltung eine Dienststelle unter Leitung seines militärischen Beraters, General Gerhard Graf von Schwerin, einrichten lassen. Sie trug die Bezeichnung Zentrale für Heimatdienst (ZfH) und wurde beauftragt, ehemalige Generalstabsoffiziere, Generale und Admirale der drei Wehrmachtsteile auszuwählen, die als „unbelastet“ galten und von denen einige im weitesten Sinne dem militärischen Widerstand gegen Hitler(?) zuzurechnen waren. Aus ihnen sollte ein Gremium westdeutscher Experten für militärische Expertengespräche mit den Alliierten entstehen. Sie sollten auch gegenüber alliierten Verhandlungspartnern auftreten können. Trotzdem ist an der Auswahl einzelner Teilnehmer heftige Kritik geübt worden.
Im Kloster Walberberg, zwischen Köln und Bonn, sollte bereits Ende August 1950 das erste Treffen eines Ausschusses für Sicherheitsfragen stattfinden. Im letzten Augenblick wurde es wieder abgesagt, da der NATO-Rat im September 1950 in New York die Frage einer bundesdeutschen Wiederbewaffnung behandeln wollte, und Adenauer es vorzog, bis dahin mit weiteren deutschen Schritten zu warten. Eingeladen durch die ZfH, trat das Expertengremium in gegenüber den Planungen für Walberberg veränderter und erweiterter Zusammensetzung schließlich am 5. Oktober 1950 im Kloster Himmerod zusammen und tagte bis zum 9. Oktober. Es ging darum, zur Vorbereitung der bundesdeutschen Wiederbewaffnung ein Konzept für Rüstung und Organisation, Ausstattung und Ausrüstung der künftigen bundesdeutschen Streitkräfte zu erstellen.
Der einberufene Kreis bestand aus 15 Personen, darunter zehn ehemalige Generale und Admirale. Die sieben Teilnehmer, die später in den Dienst der Bundeswehr aufgenommen wurden, erlangten dort Generals- und Flaggoffizierränge. Zwei Teilnehmer arbeiteten später für den Bundesnachrichtendienst. Die übrigen sechs starben vor Aufstellung der Bundeswehr oder wurden aus Altersgründen nicht übernommen.
Es ist davon auszugehen, dass die sieben übernommenen Offiziere, die zum Teil höchste Stellungen in der Bundeswehr (Generalsinspekteur, Inspekteure von Teilstreitkräften) und in der NATO (Vorsitzender des Militärausschusses, hohe Kommandeure) erlangten, die in Himmerod entwickelten Gedanken in der Bundeswehr zur Geltung gebracht haben.
Für die Tagung wurden vier Ausschüsse eingeteilt, die sich mit verschiedenen Themenkomplexen befassen sollten:
Ausbildungsausschuss: Senger und Etterlin (Vorsitz), Schulze-Hinrichs, Krüger
Als Sekretär der Expertengruppe fungierte Kielmansegg, der auch die Schlussredaktion des Berichts vornahm. Nach zum Teil intensiven Diskussionen gelang es der Gruppe, sich auf einen gemeinsamen Text zu einigen, der von allen Mitgliedern mitgetragen wurde. Deswegen wurde die Denkschrift auch als Gründungskompromiss der Bundeswehr bezeichnet.
Inhalt der Denkschrift
Die Expertengruppe erarbeitete eine Denkschrift „über die Aufstellung eines deutschen Kontingents im Rahmen einer übernationalen Streitmacht zur Verteidigung Westeuropas“und zu den Konzepten der „Inneren Führung“ und des „Staatsbürgers in Uniform“.
Die nach ihrem Entstehungsort so genannte Himmeroder Denkschrift ist in fünf Abschnitte gegliedert:
I. Abschnitt „Militärpolitische Grundlagen und Voraussetzungen“
II. Abschnitt „Grundlegende Betrachtungen zur operativen Lage der Bundesrepublik“
III. Abschnitt „Organisation des deutschen Kontingents (D.K.)“
I. Militärpolitische Grundlagen und Voraussetzungen
Der erste Abschnitt befasst sich mit politischen, militärischen und psychologischen Voraussetzungen für einen bundesdeutschen Wehrbeitrag zur Verteidigung Westeuropas. Er gilt als der umstrittenste der Denkschrift, weil er verschiedene Forderungen für den Umgang mit den ehemaligen Angehörigen von Wehrmacht und Waffen-SS enthält, welche die damals gängigen Auffassungen über deren Beteiligung an deutschen Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkriegs widerspiegelt.
Einer der Hintergründe für die grundsätzliche Forderung nach Rehabilitation lag in der prekären wirtschaftlichen und sozialen Situation ehemaliger Berufssoldaten. Mit dem Alliierten Kontrollratsgesetz Nr. 34 waren ihre staatliche Besoldung und Ansprüche auf Pensionen entfallen. Im Öffentlichen Dienst bestanden Einstellungsverbote für sie, wegen fehlender ziviler Berufsqualifikationen waren ihre Möglichkeiten, eine Arbeitsstelle zu finden, stark eingeschränkt. Viele ehemalige Berufssoldaten lehnten es ab, sich am Aufbau neuer Streitkräfte zu beteiligen, solange diese Regelungen bestanden. Da diese Leute für den antikommunistischen Kampf im Kalten Krieg gebraucht wurden, sollte ihnen nicht mehr die Existenz weggenommen werden. Andererseits sah es bei Kommunisten und Antifaschisten ganz anders aus.
Des Weiteren befasst sich dieser Abschnitt mit der Rolle eines bundesdeutschen Kontingents innerhalb einer westlichen Verteidigungsorganisation. Die bundesdeutschen Verbände sollten in relativ großen Truppenkörpern bis zur Korpsstärke national organisiert sein. Keinesfalls sollten die bundesdeutschen Soldaten als „Soldaten 2. Klasse“ in alliierten Strukturen eingebunden sein.
Außerdem wurde gefordert, dass die BRD in den künftigen Verteidigungsplänen einer gemeinsamen Allianz nicht erst am Rhein verteidigt und damit zum verwüsteten Kampfgebiet werden dürfe. Die Westmächte hätten zwar eine Sicherheitsgarantie für die BRD abgegeben, verfügten aber nicht über die Mittel, diese im Falle eines angenommenen sowjetischen Angriffs einzulösen.
II. Grundlegende Betrachtungen zur operativen Lage der Bundesrepublik
Im zweiten Kapitel wird zunächst die angenommene sowjetische Bedrohung analysiert. Die Expertengruppe kommt zu dem Schluss, dass die Sowjetunion jederzeit und ohne weitere Vorbereitungen zum Angriff auf Westeuropa schreiten kann. Ihr Ziel müsse es sein, schnell in den Besitz der gesamten Atlantikküste von Narvik bis zu den Pyrenäen zu kommen, um eine Lage zu schaffen, in der sie die Reaktionen des Westens in Ruhe abwarten können. Wann ein solcher Angriff beginne, sei nicht absehbar, wobei die Sowjetunion nicht leichtfertig handeln würde.
Der Westen habe nur völlig unzureichende Verteidigungsmöglichkeiten. Es bedürfe eines operativen Plans für die Gesamtverteidigung Westeuropas, in den US-amerikanische und bundesdeutsche Beiträge eingebunden seien. Europa müsse so weit wie möglich im Osten verteidigt werden. Die Verteidigungsbereitschaft müsse sehr schnell hergestellt werden können. Es komme darauf an, drei operative Schwerpunkte zu bilden, die verteidigt werden müssten. Die Dardanellen müssten gehalten werden, um der Sowjetunion das Eindringen ins Mittelmeer und das Einwirken auf dortige Seeverbindungslinien zu verwehren und den Westmächten das Eindringen ins Schwarze Meer zu erlauben. Das Gebiet Tagliamento-Alpen-Süddeutschland müsse gehalten werden, um von dort aus nach Westdeutschland eingedrungene Kräfte aus der Flanke bedrohen zu können. Das Gebiet Schleswig-Holstein-Dänemark-Südskandinavien versperre den sowjetischen Streitkräften den Austritt aus der Ostsee und ermögliche dem Westen Operationen gegen den sowjetischen Nordflügel und in der Ostsee.
Da es nicht möglich sei, einen sowjetischen Angriff entlang natürlicher Verteidigungslinien östlich des Rheins aufzuhalten, sei eine bewegliche Verteidigung mit offensiven Elementen aufzubauen, unter anderem mit dem Ziel, den Kampf so bald wie möglich in die DDR zu tragen. Das solle durch Befestigungen und Sperren entlang der Grenzen unterstützt werden.
In der Praxis komme es darauf an, eine Verteidigung zu organisieren, die die Sowjetunion nicht ohne vorherige Heranführung zusätzlicher Truppen nach Westen überwinden könne. Die Beobachtung derartiger Kriegsvorbereitungen gebe dem Westen Zeit, Verstärkungen heranzuführen. Damit sei ein Angriff mit erheblichen Risiken verbunden, die die Sowjetunion von ihrer Absicht abhalten würden.
Westlicher und sowjetischer Machtbereich in Europa
Bildquelle: Von Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird Kseferovic als Autor angenommen (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben). – Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird angenommen, dass es sich um ein eigenes Werk handelt (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben)., CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1223663
III. Organisation des bundesdeutschen Kontingents
Während die bundesdeutschen Streitkräfte einsatzmäßig einem europäischen Bündnis unterstehen sollten, bedurften sie für die truppendienstliche Führung einer bundesdeutschen Führungsorganisation. Diese sah einen dem Bundespräsidenten als Oberbefehlshaber unterstellten „Inspekteur des Deutschen Kontingents“ oder „Chef des Verteidigungsamtes“ vor. Die Experten legten Wert darauf, dass die Personalführung bei einem zivilen Verantwortlichen wie etwa einem Minister für Sicherheitsfragen lag, um eine Personalpolitik im demokratischen Sinne zu gewährleisten. Na, ob es das ausmacht, ist die Frage. Diese zivilen Befehlshaber, bzw. obersten Dienstherren – oder auch Dienstherrinnen, sind keine Experten. In der DDR waren stets Militärs Verteidigungsminister. Zumindest waren da Experten an der Spitze.
Angesichts der starken Luft- und Seestreitkräfte der USA und Großbritanniens sah man den Schwerpunkt bundesdeutscher Streitkräfte beim Heer, wobei das bundesdeutsche Kontingent gleichwohl über Luft- und Marinestreitkräfte verfügen müsse. Besonders wichtig war der Expertengruppe eine schnelle Aufstellung der bundesdeutschen Streitkräfte. Unter Annahme der sowjetischen Bedrohung(die es gar nicht gab), wollte man sowjetischen Gegenmaßnahmen zuvorzukommen.
Die Maßnahmen sollten bereits am 1. November 1950, also nur etwa drei Wochen nach dem Treffen, beginnen und im Wesentlichen bis Herbst 1952 abgeschlossen sein. Die Denkschrift enthält eine Anzahl von Vorschlägen zu Sofortmaßnahmen und zum weiteren Vorgehen bei der Aufstellung der Truppen.
Auf Wikipedia kann man Details zu den einzelnen Militärsparten entnehmen. Das es sich dabei um nacktes Fakten- und Zahlenmaterial handelt, muss man diese Passage nicht bearbeiten und kann es im Original auf Wikipedia belassen.
IV. Ausbildung
Der Ausbildung des bundesdeutschen Kontingents wurde große Bedeutung zugemessen. Es käme auf gut geschulte, selbständig denkende und handelnde Soldaten an, um die Überzahl sowjetischer Truppen auszugleichen.( Die faschistische Propaganda vom „sowjetischen Untermenschen“, der nicht denken kann, wurde übernommen.) Im Kreise der ehemaligen deutschen Soldaten der faschistischen Wehrmacht gebe es nicht genügend gute Ausbilder, was sich im schlechten Ausbildungsstand der Wehrmacht in den letzten beiden Kriegsjahren niedergeschlagen habe. Deshalb und wegen des einzuführenden ausländischen Materials müsse man sich an die Westmächte als Paten-Streitkräfte anlehnen. Das Heer solle sich eng an die USA anlehnen, die Luftwaffe gleichermaßen an die USA und Großbritannien. Für die Marine wurde keine Patenstreitmacht vorgeschlagen. Also Vasallen der USA mit dem Juniorpartner Großbritannien. („Ami-Knechte“)
Wie bei der Ausstattung wurden eine Anzahl von Sofortmaßnahmen vorgeschlagen, um wie angestrebt bis 1952 über einsatzfähige Kräfte zu verfügen. Neue Vorschriften spielten beim Aufbau der Ausbildung eine besondere Rolle. Die ausländischen Vorschriften seien so schnell wie möglich ins Deutsche zu übersetzen und für bundesdeutsche Zwecke umzuarbeiten. Geeignetes Personal sei vorrangig zu rekrutieren und zu den Patenstreitkräften zu kommandieren. Eigene Schulen und Lehrgänge sollten später folgen.
V. Das innere Gefüge
Die Experten maßen dem inneren Gefüge der neuen bundesdeutschen Streitkräfte eine große Bedeutung zu. Die Ausgangslage habe sich derart verändert, „dass ohne Anlehnung an die Formen der alten Wehrmacht heute grundlegend Neueszu schaffen“ sei. Dabei solle man sich an den westlichen Verbündeten orientieren und dabei auch „den soldatischen Erfahrungen und Gefühlen des deutschen Volkes“ Rechnung tragen. Sehr sinnig, und das mit Führungspersonal aus der alten Wehrmacht.
Der deutsche Soldat verteidige zugleich Freiheit und soziale Gerechtigkeit. Die Verpflichtung gegenüber Europa überdecke die traditionellen nationalen Bindungen. Die neuen Streitkräfte dürften kein Staat im Staate sein und sollten zur Überparteilichkeit verpflichtet werden. Aktives und passives Wahlrecht für Soldaten sei mit Einschränkungen möglich, jedoch müssten Partei- und Gewerkschaftstätigkeiten während der aktiven Dienstzeit ruhen. Dieser Abschnitt steckt voller Widersprüche. Kann in einem kapitalistischen Land soziale Gerechtigkeit erreicht und verwirklicht werden? Wenn ja, dann doch nur auf Zeit, wie es ja die Geschichte bewiesen hat. Der Soldat soll die Freiheit verteidigen, wird aber in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt. Partei- und Gewerkschaftstätigkeiten müssen während der aktiven Dienstzeit ruhen. Erinnert an den Ausspruch des Kaisers sinngemäß nach dem Motto: „ Ich kenne keine Parteien mehr. Es gibt nur noch Deutsche.“
In einem Unterkapitel „Ethisches“ werden Eid und Soldatenpflichten abgehandelt. Darin wird eine völlige Neuordnung der Militärgerichtsbarkeit, des Disziplinarwesens und der Beschwerdemöglichkeiten gefordert. Es wird erwogen, in Straf- und Beschwerdeverfahren Vertrauensausschüsse einzubeziehen. Diese könnten auch bei der Einstellung ehemaliger Wehrmachtssoldaten eine Art Reinigungsfunktion übernehmen. Nun ja, ist ja wohl nicht gründlich gewesen diese Reinigungsfunktion, wenn die Ersteller der Himmeroder Denkschrift aus der faschistischen Wehrmacht kamen.
Bezüglich der Erziehung der Soldaten sollten ebenfalls neue Wege beschritten werden. Sie sollte über den Wehrdienst hinaus „der Entwicklung zum überzeugten Staatsbürger und europäischen Soldaten“ dienen. Überlebte Einrichtungen wie die Pflicht, auch außer Dienst die Uniform zu tragen, sollten aufgegeben werden. Wieso soll der überzeugte Staatsbürger und Europäer in der Freizeit keine Uniform tragen? Die Uniform wird zur Arbeitskleidung degradiert. In der NVA hingegen war das Tragen der Uniform in der Freizeit Pflicht. Darüber ärgerten sich viele Soldaten, insbesondere die jungen Wehrpflichtigen, da sie nun unattraktiv für Frauen wurden. Abgesehen von diesen individuellen und privaten Befindlichkeiten, war der Sinn des Uniformtragens während der Freizeit in der DDR, dass die Soldaten ihren Staat und die sozialistische Gesellschaftsordnung repräsentierten. Ob sie davon überzeugt waren, ist eine andere Frage.
Kritik
Sowohl an der Zusammensetzung des Expertengremiums als auch an der von ihm verfassten Denkschrift wurde Kritik geübt. Unter anderem wird bemängelt, dass mit General Foertsch der Offizier mit am Tisch saß, der 1934 den persönlichen Eid der Wehrmachtsangehörigen auf Adolf Hitler entworfen hatte.
Die inhaltliche Kritik richtete sich vor allem gegen das erste Kapitel mit der undifferenzierten Forderung nach Rehabilitation der Wehrmacht, der Waffen-SS und verurteilter Kriegsverbrecher.
Nun ja, ist ja gut, dass es diese Kritik gibt, bzw. dass überhaupt Kritik geübt werden darf. Früher hat man diesse Kritik als kommunistische Propaganda abgetan.
Beim gesamten Aufbau der BRD hat man auf alte Nazis zurückgegriffen. Wurden die doch für den antikommunistischen Kampf im Kalten Krieg gebraucht.
Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel
Die Tutzinger Rede ist am 15. Juli 1963 im Politischen Club der Evangelischen Akademie in Tutzing gehalten worden. Diese Rede von Egon Bahr ist unter dem Schlagwort „Wandel durch Annäherung“ bekannt geworden. Sie ist eine der wenigen öffentlichen Ankündigungen des Strategiewechsels der Politik der BRD gegenüber der DDR. „Wandel durch Annäherung“ ist wörtlich gemeint, wurde damals aber nicht so empfunden. Die Politik unter dem Schlagwort „Wandel durch Annäherung“ löste Hoffnungen aus. Diese waren jedoch trügerisch.
Anstelle der offensiven und auf Konfrontation setzenden Konzepte der 1950er Jahre setzte Bahrauf die aktive Verständigung mit der DDR, weil jede Änderung nur mit Zustimmung, aber nicht gegen den Willen der Regierung der DDR zu erreichen sei.
Inhaltlich bezog sichEgon Bahr, zu diesem Zeitpunkt Presseamtschef des Westberliner Regierenden BürgermeistersWilly Brandt, ausdrücklich auf die„Stategy of Peace“–Rede von John-F.-Kennedy vom 10. Juni 1963 und deren Vorläufer im US-Wahlkampf 1960. Diese wiederum standen am Anfang einer internationalen „Entspannungspolitik“, die für Europa bereits nach der Errichtung desantifaschistischen Schutzwalls1961 einen Strategiewechsel im Kalten Krieg mit sich brachte. Daran knüpfte die „neue Ostpolitik“ vonWilly Brandt an.
Schon im Februar 1961 hatte eine Studie im Auftrag des US-Senats zur „United States Foreign Policy in the U.S.S.R. and Eastern Europe“ festgestellt, dass alle Versuche des Westens, eine „Befreiung“ Ostmitteleuropas zu erreichen, ausnahmslos gescheitert seien. Im Gegenteil: Die Sowjets und die mit ihnen verbündeten Regierungen in Ostmitteleuropa seien sogar gestärkt worden. Die Überlegungen zu einer Fortführung der offensiven Politik bezogen sich zu diesem Zeitpunkt nicht oder kaum mehr auf Europa, sondern auf die „Dritte Welt“.
Kennedys Brief anWilly Brandtkurz nach der Errichtung desantifaschistischen Schutzwallsmachte deutlich, dass die Bewahrung des Status quo in Europa auch beinhalten werde, die Existenz zweier deutscher Staaten zu akzeptieren. „Es wurde Ulbricht erlaubt..“, schreibt Willy Brandt im Rückblick, „..der Hauptmacht des Westens einen bösen Tritt vors Schienbein zu versetzen- und die Vereinigten Staaten verzogen nur verstimmt das Gesicht. (…) Was man meine Ostpolitik genannt hat, wurde vor diesem Hintergrund geformt.“ Brandt, Willy, Begegnungen und Einsichten. Die Jahre 1960-1975, Hamburg 1975, S. 17.)
So ergab sich in den ersten Jahren nach der Errichtung des antifaschistischen Schutzwallsdie verquere Lage, dass Westberlin schrittweise Verhandlungen mit Berlin/DDR aufnahm und damit im Gegensatz zu Bonn und der zwar bröckelnden, aber noch gültigen Hallstein-Doktrin geriet, nach der Beziehungen zu Berlin/DDR unerwünscht waren. Konrad Adenauers Formel, nach der die „Entspannung“ der „Wiedervereinigung“ folgen solle, setzte der seit Februar 1963 amtierende sozialliberale Westberliner Senat unter Brandteine aktive Verständigungspolitik mit der DDR entgegen. Diese Westberliner Linie wurde wenige Monate später, am 15. Juli 1963, von Egon Bahr in seinem Vortrag in Tutzing vorgestellt.
Die „kommunistische Herrschaft“, soBahr, solle nicht beseitigt, sondern verändert werden. Mit Bezug auf die Praxis derRollback-Politikdes letzten Jahrzehnts betonte Bahr, dass eine Politik des Alles oder Nichts in Zukunft ausscheide. „ Das Vertrauen darauf, dass unsere Welt die bessere ist, (..) die sich durchsetzen wird, macht den Versuch denkbar, sich selbst und die andere Seite zu öffnen und die bisherigen Befreiungsmöglichkeiten zurückzustellen.“ Jede Politik zu direkten Sturz der Regierung der DDR sei aussichtslos, und diese Einsicht bedeute eben auch, dass jede Änderung nur mit Zustimmung der dortigen Regierenden zu erreichen sei. Auch der Versuch, durch Abbruch sämtlicher politischer und wirtschaftlicher Verbindungen oder durch bewusste Verschärfung der Situation einen Zusammenbruch zu bewirken, habe sich in der Vergangenheit als der falsche Weg erwiesen, da Ulbrichtaus Krisen immer gestärkt hervorgegangen sei. Daher sei der einzig erfolgversprechende Weg derjenige Kennedys, „dass Handel mit den Ländern des Ostblocks entwickelt werden soll, wie es möglich ist, ohne unsere Sicherheit zu gefährden“. Dabei könne das Ziel natürlich nicht sein, „..die Zone zu erpressen“. „Befreiung aus der kommunistischen Herrschaft“ blieb dennoch weiterhin das übergeordnete Ziel. Bahrsprach nicht zufällig davon, „..die bisherigen Befreiungsvorstellungen zurückzustellen“.
Jedoch sollte das sowjetische „Herrschaftssystem“ vor allem von innen aufgelöst werden. Verstärkte Handelsbeziehungen mit dem Osten, so die Überlegung, erhöhten den dortigen Lebensstandard und würden auf Dauer auch die Konsumwünsche und sonstigen Ansprüche in der Bevölkerung wachsen lassen. Dies wiederum zwinge die „Machthaber“ einerseits zu einem direkten wirtschaftlichen Wettbewerb mit dem Westen, andererseits wahrscheinlich auch zu immer größeren politischen Zugeständnissen im Inneren.
Das war Egon Bahrankündigte, war zur damaligen Zeit im Koordinatensystem des Kalten Krieges revolutionär, auch wenn man sich auf die USA, die Führungsmacht des Westens, berief. Konservative sahen in dieser neuen Strategie „Verrat“. Sie erkannten nicht, dass nicht die direkte Konfrontation, sondern die indirekte Strategie der Weg zu Erfolg war.
Die „Entspannungspolitik“ hatte auch vernünftige Seiten, wie das Passierscheinabkommen im Jahre 1963. In Bonn setzte man noch weiterhin auf die Hallstein-Doktrin.
Die damalige große Koalition geriet ab 1966 auf deutsch-deutschem politischen Gebiet in Turbulenzen, weil Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger einerseits einen offiziellen Briefwechsel mit dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR,Willi Stoph,führte, andererseits aber – ebenso offiziell – darauf bestand, die DDR nicht als Staat anzuerkennen. Kritik gegenüber dieser Inkonsequenz kam insbesondere auch von der FDP, die ab 1969 mit der SPD die sozialliberale Koalition unter Willy Brandtbildete. „Aufgabe der praktischen Politik in den jetzt vor uns liegenden Jahren ist es..“, hieß es in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969, „…die Einheit der Nation dadurch zu wahren, dass das Verhältnis zwischen den Teilen Deutschlands aus der gegenwärtigen Verkrampfung gelöst wird.“(Abgedruckt in Archiv der Gegenwart, Stankt Augustin 2000, S. 4880-4890; hier: S. 4881.)
Die Konsequenz des Strategiewechsels im Kalten Krieg in Europa waren Stellvertreterkriege in der „Dritten Welt“. Die vonKennedyerhoffte Verminderung der finanziellen Aufwendungen für den globalen Konflikt ergab sich daraus allerdings nicht zwangsläufig. Zwar führte die „Entspannungspolitik“ mittelfristig zu Abrüstungsverhandlungen und –verträgen, die den ungebremsten Ausbau bestimmter Waffensysteme zumindest zeitweilig verringerten. Aber die Rüstungen verlagerten sich zum einen regelmäßig auf die von den Vereinbarungen noch nicht erfassten Systeme. Zum anderen wuchsen die Ausgaben für die sogenannte passive Rüstung überproportional: Der Bau von Bunkern wurde in diesen Jahren auf beiden Seiten vorangetrieben. In den sozialistischen Ländern investierte man darüberhinaus verstärkt in den Ausbau des Sicherheitsapparates, um den unerwünschten Folgen der Annäherungen der Blöcke entgegenwirken zu können. Nun wissen wir, dass diese Investition erfolglos war.
Die Regierungen in den sozialistischen Ländern, insbesondere die Regierung der DDR sahen das Konzept des „Wandels durch Annäherung“ wie die „Neue Ostpolitik“ insgesamt mit einem lachenden und weinenden Auge. Der Nutzen für die DDR lag in der Anerkennung als Staat, die Gefahr in einer schleichenden Vereinnahmung. (So ist es ja schließlich gekommen.) Die SED jedenfalls sah damals die „Entspannungspolitik“, wie der damalige Außenminister der DDR, Otto Winzer, nach Bahrs Rede vermerkte, als „Aggression auf Filzlatschen“, die im schlechtesten Fall die seit der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls mühsam erreichte innere Konsolidierung der DDR zerstören könne. Zitiert nach Bahr, Egon, Zu meiner Zeit, München 1996, S. 157.Otto Winzer hat Recht behalten.
Die Jahre vor dem Beginn der Verhandlungen um den Grundlagenvertrag zwischen der BRD und der DDR waren, aufgrund der berechtigten Skepsis, von einer deutlichen Verschärfung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten gekennzeichnet. Ulbricht wollte die internationale Anerkennung der DDR, aber gelichzeitig sollte der Kontakt mit dem Klassenfeind im Westen möglichst gering bleiben. Auch bei anderen osteuropäischen Regierungen bleib das Misstrauen gegenüber der „Neuen Ostpolitik“ zu spüren, wenngleich aus anderen Motiven. Hier befürchtete man eine allmähliche Aufweichung der Gemeinschaft der sozialistischen Länder, zudem aber auch eine Annäherung zwischen der DDR und der BRD. Zu nah war noch die Erinnerung an den zweiten Weltkrieg. Später fielen die sozialistischen Länder doch auf die „Entspannungspolitik“ herein. In Bezug auf die DDR kam es mit dem Besuch von Willy BrandtbeiWilli Stophin Erfurt 1970 und mit der Ablösung vonWalter Ulbrichtdurch Erich Honeckerzur Änderung in Bezug auf die „Entspannungspolitik“.
Widerstand gegenüber der Politik „Wandel durch Annäherung“ gab es 1969 im Westen von konservativer Seite. Obwohl der neue Konservative US-PräsidentRichard Nixonund sein Außenminister Henry Kissinger langfristig die „Entspannungsbemühungen“ fortsetzten, stärkte der Wechsel in Washington zunächst die dortigen Vertreter der Strategie der Konfrontation im Kalten Krieg. Die Möglichkeiten, die sich dadurch boten, nahmen auch die „Vertriebenenorganisationen“(Revanchistenverbände) der BRD intensiv wahr. Tatsächlich konnten sie nicht nur in der BRD, sondern auch bei rechtskonservativen Kongressabgeordneten der USA erfolgreich Stimmung gegen die „Entspannungspolitik“ von Willy Brandtmachen.
Die Bemühungen, mit Hilfe von Organisationen aus den USA, die VerträgeWilly Brandts mit den sozialistischen Ländern zum Scheitern zu bringen, waren aber letztlich erfolglos. Die konservative US-Administration zu Nixonund Kissinger bewegte sich bereits 1970 deutlich in Richtung der Ostpolitik von Willy Brandt. Störend war in Washington allerdings, dass die sozialliberale Koalition in Bonn fast ohne Rücksprache mit Washington in Verhandlungen mit den sozialistischen Ländern trat.
Gegen harte konservative Widerstände wurden 1973 vier Verträge zwischen der BRD auf der einen und der Sowjetunion sowie ihrer Verbündeten auf der anderen Seite geschlossen: der Gewaltverzichtsvertrag mit der UdSSR(12. August 1970), die Grundlagenverträge mit Polen(7. Dezember 1970) und der DDR(21. Dezember 1972) sowie der Vertrag über die Beziehungen mit der Tschechoslowakei(11. Dezember 1973).
Geht man davon aus, dass im Kalten Krieg ständig die Gefahr eines Nuklearkrieges präsent war, so war die „Entspannungspolitik“ einschließlich der obengenannten Verträge zunächst vernünftig. Doch unter allen Umständen wollte der Westen als Sieger aus dem Kalten Krieg hervorgehen, was ja schließlich gelungen ist. Die „Entspannungspolitik“ war die indirekte Strategie zum Sieg des Westens. Das ist bis heute Vielen nicht bewusst.
SowohlJohn-F. Kennedys „Strategy of Peace“ wieEgon Bahrs „Wandel durch Annäherung“ beruhten auf der Magnettheorie als Teil der Liberation Policy, lehnten aber offensivere Formen der „Befreiung vom Kommunismus“ strikt ab. Dies erwies sich zumindest für Europa als erfolgreich.
Trotz „Entspannungspolitik“ kam derNATO-„Doppelbeschluss“, also die Stationierung von Atomraketen der USA in der BRD und die Ankündigung des SDI-Programms von westlicher Seite. Die Gefahr eines Atomkrieges rückte in greifbare Nähe. So wurden die sozialistischen Länder entscheidend geschwächt(totgerüstet). In der Sowjetunion war es möglich, dass GorbatschowKarriere machen konnte und nach ganz oben aufstieg. Mit Sprüchen, wie „Neues Denken“ u.a. Unsinn mehr, wickelte er alle ein und weckte falsche Hoffnungen. Die innere Aufweichung der sozialistischen Länder trug nun Früchte. Gorbatschow war die Krönung dessen. Die Konterrevolution konnte nun marschieren.
Quellen- und Literaturhinweise
Bahr, E., Zu meiner Zeit, München 1996. Becher, W., Zeitzeuge. Ein Lebensbericht, München 1990. Brandt, W., Begegnungen und Einsichten. Die Jahre 1960–1975, Hamburg 1976. Kissinger, H., Memoiren 1968-1973, München 1979. Schild, G., Wer gewann den Kalten Krieg? Reflexionen in der amerikanischen Literatur, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 43 (1995), S. 149-158. Stöver, B., Der Kalte Krieg. Geschichte eines radikalen Zeitalters, München 2007. Stöver, B., Pressure Group im Kalten Krieg. Die Vertriebenen, die USA und der Kalte Krieg 1947-1990, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 53 (2005), S. 897-911. Summy, R., Salla, M. E. (Hg.), Why the Cold War ended. A Range of Interpretations, Westport 1995. Westad, O. A. (Hrg.), Reviewing the Cold War. Approaches, Interpretations, Theory, London 2000.
Text von Bernd Stöver, bearbeitet von Petra Reichel
Anmerkung: Bernd Stöver ist einer der wenigen ehrlichen bürgerlichen Historiker.
Konrad Hermann Joseph Adenauer (eigentlich Conrad Hermann Joseph Adenauer) wurde am 05. Januar 1876 in Könln geboren und ist am 19. April 1967 in Rhöndorf gestorben.
Adenauer legte am 5. März 1894 das Abitur am Apostelgymnasium in Köln ab. Von 1894 bis 1897 studierte er an den Universitäten von Freiburg im Breisgau, München und Bonn Rechts- und Staatswissenschaft. Dort trat er jeweils in die katholischen Studentenverbindungen KStV Brisgovia im Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV) zu Freiburg, KStV Saxonia im KV zu München und in den K.St.V. Arminia im KV zu Bonn ein, denen er zeitlebens eng verbunden blieb. Sein erstes juristisches Staatsexamen legte er 1897 mit dem Prädikat „gut“ ab, sein zweites 1901 mit „ausreichend“. Anschließend wurde er 1902 Assessor in Köln. Von 1903 bis 1905 war er Vertreter von Justizrat Hermann Kausen, Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht Köln.
1906 trat Adenauer der katholischen Zentrumspartei bei, war bis 1933 Mitglied von deren Reichsvorstand und wurde am 7. März 1906 zum Beigeordneten der Stadt Köln gewählt. Am 22. Juli 1909 wurde er Erster Beigeordneter und damit erster Stellvertreter des Oberbürgermeisters Max Wallraf, der der Onkel seiner ersten Frau war.
Während des Ersten Weltkriegs war Adenauer für die Versorgung der Stadtbevölkerung mit Lebensmitteln zuständig, die auch aufgrund der britischen Seeblockade zunehmend schwieriger wurde. Erfolgreich führte er verschiedene Ersatzprodukte ein, so ein von ihm selbst erfundenes „Kölner Brot“ aus Reis- und Maismehl, Topinambur statt der Kartoffeln, die nach einer Kartoffelfäule-Epidemie 1916 Mangelware waren, und nicht zuletzt Graupen. Für sein „Rheinisches Schwarzbrot“ erhielt er am 2. Mai 1915 sogar ein Patent. Zwar konnte er so die bedrohlichsten Folgen des Steckrübenwinters 1916/17 mildern, doch wegen des unbefriedigenden Geschmacks der von ihm eingeführten Produkte bedachte ihn die Kölner Bevölkerung mit dem despektierlichen Spitznamen „Graupenauer“.
Am 18. September 1917 wählte ihn die Kölner Stadtverordnetenversammlung zum damals jüngsten Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt; das Amt wurde offiziell am 21. Oktober durch Erlass des Königs von Preußen übertragen. Von 1917 bis 1933 und für einige Monate des Jahres 1945 war er Oberbürgermeister der Stadt Köln.
Am 12. Februar 1918 wurde Adenauer auf Lebenszeit in das Preußische Herrenhaus berufen, welches allerdings infolge der Novemberrevolution noch im selben Jahr abgeschafft wurde. In den zwanziger Jahren gehörte Adenauer den Aufsichtsräten verschiedener kapitalistischer Konzerne an.
Von 1920 bis 1933 war er mit Unterstützung von Zentrum, SPD und DDP Präsident des preußischen Staatsrats. In dieser Funktion stand er in einer politischen Dauerfehde mit dem sozialdemokratischen preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun, welche von Adenauer bis vor den Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich getragen wurde. Während Braun ein starkes zentralisiertes Preußen als Bollwerk der Demokratie begriff, stand Adenauer den Bestrebungen der Zentrumspartei nahe. Sie zielte in den Krisenjahren nach dem Ersten Weltkrieg 1918/19 und 1929 auf ein Rheinland ab, das autonom von Preußen sein sollte. So träumte Adenauer schon damals vom Separatstaat am Rhein. Dieser Traum erfüllte sich später in Form der BRD.
Adenauer befürwortete die Kolonien und war von 1931 bis 1933 als Vizepräsident der „Deutschen Kolonialgesellschaft“ politisch tätig.
In der Weimarer Republik war Adenauer als Kandidat für das Amt des Reichskanzlers im Gespräch. (1921, 1926, 1928) Er konnte aber seine politischen Forderungen nicht durchsetzen. Ein Tausch des sicheren und persönlich befriedigenden Amtes in Köln mit der unsicheren Reichskanzlerschaft erschien ihm auch nicht als Gewinn.
1928 verspekulierte Adenauer sein Vermögen durch den Ankauf von Glanzstoff-Aktien, deren Kurs bald sank. Dadurch drohten ihm die Schulden, die er bei der Deutschen Bank hatte, über den Kopf zu wachsen, doch ließ er sich aus einem sogenannten Schwarzen Fonds vom Vorstandsvorsitzenden der Glanzstoff AG Fritz Blüthgen zwei Aktienpakete im Nominalwert von insgesamt 1,14 Millionen Reichsmark zur Verfügung stellen, die er unter Vermittlung seines Freundes Louis Hagen zum Ausgleich seines Kontos einsetzte. Im Februar 1931 berichtete die Kölner Lokalpresse von den Finanzschwierigkeiten des Oberbürgermeisters. Die Deutschnationalen und Nazis nutzten diese Situation für sich aus und setzten sie in der Stadtverordnetenversammlung auf die Tagesordnung. Adenauer war aber genial im „sich rauswinden“ und anpassen. Diese Eigenschaft hat seine Karriere geprägt. So auch damals. Adenauer hatte sich im Voraus eine Erklärung der Deutschen Bank besorgt, welche die umlaufenden „unzutreffenden Gerüchte und Behauptungen“ mit dem Hinweis dementierte, sein Konto sei „völlig ausgeglichen“.
Frühzeitig sah Adenauer den ersten Weltkrieg als verloren und begann Nahrungsmittel zu horten. Er verstand es die Stadt Köln, auch wirtschaftlich voranzubringen. Auch wenn nicht jedes seiner geplanten Projekte gelang.
Der Kommunistenhasser Adenauer verhandelte geschickt mit der KPD, als das Projekt der damals technisch einmaligen Mühlheimer Brücke nur mit den Stimmen der KPD im Rat durchzubringen war.
1931 kam es zu einer größeren Auseinandersetzung mit den Nazis, als diese in einer nächtlichen Aktion die Rheinbrücken mit Hakenkreuzfahnen beflaggten. Adenauer ließ – nach seiner späteren eigenen Darstellung – die Fahnen mit Verweis darauf, dass die Brücken öffentliche Bauwerke seien, unverzüglich wieder entfernen. Durch seine Standhaftigkeit in dieser nur scheinbaren Bagatelle geriet Adenauer in das Visier der SA, die sogar öffentlich Geld „für die Kugel Adenauers“ sammeln ließ. In Wirklichkeit hatte jedoch Adenauer mit der örtlichen NSDAP-Kreisleitung eine Absprache getroffen, deren Fahne von der stadteigenen Brücke – weil politisch neutrales Terrain – abzunehmen und vor der – gleichfalls der Stadt gehörenden – Messehalle wieder aufzuziehen. Dort sollte Hitler sprechen. Adenauer musste seine aufgebrachten Parteifreunde deshalb beruhigen. In einem späteren Schreiben an den Reichsinnenminister vom 10. August 1934 legte Adenauer demzufolge auch Wert darauf, dass er entgegen den restriktiven Erlassen des preußischen Innenministers Severing (SPD) der NSDAP „das Hissen ihrer Hakenkreuzfahnen an den städtischen Flaggenmasten“ gestattet habe. Wieder die typische Eigenschaft Adenauers sich geschickt herauszuwinden und anzupassen.
Adenauer wird immer als Gegner des Faschismus dargestellt. Aber hier bediente er sich immer wieder seiner genialen Eigenschaft der Anpasserei und des sich Herauswindens.
Um seinen Pensionsanspruch zu wahren, verwies Adenauer in einem zehnseitigen Brief vom 10. August 1934 an den preußischen Innenminister in Berlin auf sein bisheriges Verhalten gegenüber der NS-Bewegung: Er habe die NSDAP „immer durchaus korrekt behandelt“ und beispielsweise „jahrelang entgegen der damaligen Verfügung des preußischen Innenministers der NSDAP die städtischen Sportplätze zur Verfügung gestellt und ihr bei ihren Veranstaltungen auf diesen das Hissen ihrer Hakenkreuzfahnen an den städtischen Flaggenmasten gestattet“. Weiterhin habe er sich einer Anordnung des preußischen Staatsministeriums widersetzt, nationalsozialistische Beamte „zwecks Disciplinierung“ namhaft zu machen,„da (er) sie für unberechtigt und für ungerecht hielt“. Er sagte in diesem Brief auch, 1932 erklärt zu haben, „daß nach (s)einer Meinung eine so große Partei wie die NSDAP unbedingt führend in der Regierung vertreten sein müsse“
Ende 1932 hatte sich Adenauer für eine Regierungsbildung von Zentrum und Nationalsozialisten in Preußen ausgesprochen. Am 29. Juni 1933, also kurz nach Hitlers Ernennung zum Kanzler, schrieb er in einem Brief: „Dem Zentrum weine ich keine Träne nach; es hat versagt, in den vergangenen Jahren nicht rechtzeitig sich mit neuem Geiste erfüllt. M.E. ist unsere einzige Rettung ein Monarch, ein Hohenzoller[,] oder meinetwegen auch Hitler, erst Reichspräsident auf Lebenszeit, dann kommt die folgende Stufe. Dadurch würde die Bewegung in ein ruhigeres Fahrwasser kommen.“Er befürchtete, „wenn der revolutionäre Zustand nicht rechtzeitig in die Periode der neuen Ruhe und des neuen Aufbaus übergeht, dann kommt die Katastrophe“.(siehe Brief an Dora Pferdmenges)
Ab 1933 bekam Adenauer eine reduzierte Pension von ca. 1000 Reichsmark monatlich. In den Jahren nach 1934 wechselte er häufig seinen Aufenthaltsort und versteckte sich zeitweise, im Januar 1935 u. a. für kurze Zeit auch in der Abtei Herstelle. So lebte er bis 1945 als Pensionär.
Im Zusammenhang mit dem gescheiterten Anschlag auf Hitler am 20. Juli 1944 wurde Adenauer gefangengenommen. Auch hier konnte er sich wieder durchmogeln.
Am 4. Mai 1945 ernannte ihn die US-Besatzungsmacht zum Oberbürgermeister von Köln. Kurz darauf, am 6. Oktober 1945, wurde er wegen angeblich unterlassener Pflichterfüllung von dem britischen Militärgouverneur der Provinz Nordrhein, John Ashworth Barraclough, aus diesem Amt wieder entlassen: Adenauer habe sich nicht energisch genug um die Ernährungsversorgung gekümmert. Binnen acht Tagen habe er Köln zu verlassen. Für die Zeit vom 6. Oktober bis 4. Dezember 1945 verhängte die britische Besatzungsmacht außerdem ein Verbot parteipolitischer Betätigung.
Im Februar 1946 hat sich Adenauer wiederum umgedreht und angepasst. Nun gab er dem deutschen Volk und dem katholischen Klerus die Schuld für die Vorgänge in den KZs.
Zitat aus einem Brief vom Februar 1946 an einen katholischen Geistlichen in Bonn:
„Nach meiner Meinung trägt das deutsche Volk und tragen auch die Bischöfe und der Klerus eine große Schuld an den Vorgängen in den Konzentrationslagern. Richtig ist, daß nachher vielleicht nicht viel mehr zu machen war. Die Schuld liegt früher. Das deutsche Volk, auch Bischöfe und Klerus zum großen Teil, sind auf die nationalsozialistische Agitation eingegangen. Es hat sich fast widerstandslos, ja zum Teil mit Begeisterung gleichschalten lassen. Darin liegt seine Schuld.“
Karikaturzeichnung von Hans Pfannmüller (1954)
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Karriere in der BRD:
Nun konzentrierte sich Adenauer auf die Parteiarbeit: Am 31. August 1945 trat er der Christlich Demokratischen Partei (CDP) bei. Die CDP war eine der vier Vorgänger-Regionalparteien der CDU in den einzelnen Besatzungszonen. Auf der ersten Zonenausschusstagung am 22./23. Januar 1946 in Herford übernahm er als Ältester die Führung der CDU in der britischen Zone, die als Union erst seit dem 16. Dezember 1945 bestand. Am 5. Februar 1946 folgte in Krefeld-Uerdingen die Wahl zum ersten Vorsitzenden der CDU Rheinland. Mit dieser politischen Rückenstärkung setzte er sich auf der zweiten Tagung des CDU-Zonenausschusses am 1. März 1946 in Neheim-Hüsten endgültig zum Vorsitzenden gegen den westfälischen Landesvorsitzenden Friedrich Holzapfel durch. Adenauer formulierte mit dem Neheim-Hüstener Programm ein erstes Parteiprogramm für die Zone maßgeblich mit. Seine Beitrittserklärung (in die Union) erfolgte am 1. Juni 1946 an die Kreispartei der CDU für den Siegkreis. Im Oktober 1946 wurde er Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag Nordrhein-Westfalen. Er nutzte die folgenden Jahre, um seine Hausmacht innerhalb der Partei auszubauen, sodass er 1948 Präsident des Parlamentarischen Rates wurde, der über die Verfassung für einen deutschen Weststaat beriet. Adenauer, der außerhalb der britischen Zone nicht annähernd so bekannt war wie seine Konkurrenten Kurt Schumacher (SPD) oder Ludwig Erhard(parteilos), nutzte das eigentlich machtlose Amt als Podium; die SPD hatte für ihren Mann, Carlo Schmid, den als viel wichtiger erachteten Hauptausschuss-Vorsitz gesichert. Dieser arbeitete aber eher im Verborgenen, während Adenauer in der Öffentlichkeit als eine Art Vertreter der Deutschen (auch gegenüber den Alliierten) auftrat. Er wurde somit laut Carlo Schmid „erster Mann des zu schaffenden Staates, noch ehe es ihn gab.“ Bevor Konrad Adenauer erster Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wurde, war er ab dem 1. September 1949 Vorsitzender der gemeinsamen Bundestagsfraktion von CDU und CSU. Innerhalb der CDU setzte er eine bürgerliche Koalition durch, obwohl CDU/CSU, FDP und Deutsche Partei nur über eine knappe Mehrheit verfügten und große Teile der CDU angesichts des staatlichen Neuanfangs eine Große Koalition vorzogen. Adenauer hielt jedoch die kleine Koalition für unumgänglich, um seine Ideen einer „sozialen Marktwirtschaft“(abgemilderter Kapitalismus) und einer umfassenden Westbindung durchzusetzen. Dabei konnte er auf die gute Zusammenarbeit der Parteien im Wirtschaftsrat der britisch-amerikanischen Bizone zurückgreifen. Selbst innerhalb der CDU hatte die Planwirtschaft Befürworter; wenige Jahre vorher hatten sie noch das Ahlener Programm der CDU(das ging in Richtung Sozialismus) durchgesetzt. Die SPD hing ebenfalls der Planwirtschaft an und strebte zudem ein neutrales Deutschland an, um auf diesem Weg die Wiedervereinigung zu erleichtern. Auf der Rhöndorfer Konferenz vom 21. August 1949 konnte Adenauer seinen Standpunkt durchsetzen und endgültig sicherstellen, dass er der Kanzlerkandidat der Unionsparteien wurde. Um die Ausrichtung einer bürgerlichen Koalition zu bestärken, wählte die CDU/CSU am 12. September den damaligen FDP-Vorsitzenden Theodor Heuss in der Bundesversammlung mit zum Bundespräsidenten. Als 1950 die CDU auf Bundesebene gegründet wurde, wurde Adenauer Vorsitzender. Er blieb es bis 1966. Als Einwohner von Rhöndorf in Sichtweite von Bonn war Adenauer maßgeblich daran beteiligt, dass 1949 Bonn statt Frankfurt am Main Bundeshauptstadt wurde – Frankfurt war nicht nur SPD-regiert und stark zerstört, sondern vor allem Sitz des US-amerikanischen Militärgouverneurs. Auch hier war er ziemlich unnachgiebig. Er bedrängte beispielsweise den Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Geld bereitzustellen, obwohl es keinen Haushaltsbeschluss gab. Für dessen rechtliche Bedenken hatte er kein Verständnis.
Konrad Adenauer (1952)
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Konrad Adenauer intervenierte 1949 durch Johann Jacob Kindt-Kiefer beim französischen Ministerpräsidenten Georges Bidault, um zu verhindern, dass Westberlin ein Bundesland werden solle. Die Berliner Abgeordneten erhielten hierdurch nicht das volle Stimmrecht im Bundestag.
Das Grundgesetz einschließlich Berlin-Klausel des Jahres 1949 wurde bekanntlich vom Parlamentarischen Rat, auf den Bidault und Adenauer (als Präsident des Parlamentarischen Rats) nur einen zu vernachlässigenden Einfluss besaßen, angenommen. Die Berlin-Krisen, recht bedeutende Ereignisse des Kalten Krieges, werden in dieser Sichtweise zum politischen Kalkül Adenauers und sind nicht der Konfrontation der Großmächte im Zentrum Europas geschuldet.
Bei der ersten Bundestagswahl am 14. August 1949 wurde Konrad Adenauer als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises 10 Bonn Stadt und Land mit 54,9 Prozent der Stimmen in den Deutschen Bundestag gewählt. Er vertrat den Wahlkreis Bonn bis zu seinem Tod 1967 und wurde bei den fünf Bundestagswahlen 1949 bis 1965 mit Mehrheiten von bis zu 68,8 Prozent jeweils direkt gewählt.
Der Bundestag wählte ihn am 15. September 1949 mit einer Stimme Mehrheit (einschließlich seiner eigenen)zum Bundeskanzler der BRD, in ein Amt, das er bis zu seinem Rücktritt am 15. Oktober 1963 innehatte. Eine entscheidende Stimme in diesem Wahlgang stammte dabei vom Bayernpartei-Abgeordneten Johann Wartner, der sich dem Beschluss seiner Partei widersetzte und – wie er kurz vor seinem Tode bekannte – für Adenauer stimmte. Sonst hätte Adenauer erst in einem späteren Wahlgang mit relativer Mehrheit gewählt werden können.
Adenauer im Bundestag (1952)
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Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F002449-0027 / Unterberg, Rolf / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt
Bundespräsident Theodor Heuss übergab Adenauer die Ernennungsurkunde am 16. September 1949. Adenauers erste Regierungserklärung folgte am 20. September und sein erster Besuch bei den Hohen Kommissaren der Alliierten am 21. September – demselben Tag, an dem das Besatzungsstatut in Kraft trat.
Adenauer wurde dreimal (1953, 1957 und 1961) wiedergewählt. Das Wahlergebnis von 1957 war einmalig in der Geschichte der BRD: die CDU/CSU erzielte als bisher einzige Fraktion die absolute Mehrheit der Stimmen und der Sitze des Bundestages und hätte ohne Koalitionspartner regieren können. Dennoch bildete Adenauer eine Koalitionsregierung mit der DP (bis Juli 1960), um mit deren Hilfe die CSU und widerspenstigen CDU-Mitglieder in Schach halten zu können.
Die BRD wurde mit dem Inkrafttreten der Pariser Verträge am 5. Mai 1955 und der Aufhebung des Besatzungsstatus ein innenpolitisch weitgehend souveräner Staat, unterlag jedoch weiterhin der Viermächte-Verantwortung. Für Adenauer war deshalb die Außenpolitik der bestimmende Faktor seiner politischen Strategie. Von 1951 bis 1955 besetzte er – neben einem Intermezzo von Helmut Schmidt nach dem Ausscheiden der FDP aus der Bundesregierung 1982 – einmalig in der Geschichte der BRD, sowohl das Amt des Bundeskanzlers als auch das des Außenministers.
Seine Strategie war eine enge Anbindung an die westeuropäischen Staaten (Magnet-Theorie), eine wirtschaftliche Verflechtung mit Frankreich und Belgien und insbesondere eine gute politische Beziehung zu den USA.
Adenauer setzte sich für ein „vereinigtes Europa“ ein. Er griff dabei sowohl auf seine politischen Vorstellungen aus der Weimarer Republik zurück als auch auf die Erfahrungen, die er in der Zeit des Faschismus gemacht hatte.
Wirtschaftlich ging der bereits vor 1949 durch denMarshallplan angestoßene Prozess durch die Montanunion, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom auf. Adenauer setzte sein Vertrauen in den Bankier Hermann Josef Abs, der Einfluss auf die Verteilung der Marshallplan-Gelder hatte. Er bat Abs gelegentlich, als Gast zum Kabinettstisch zu erscheinen, und lud ihn regelmäßig zu seiner sonntäglichen Rhöndorfer Kaffeetafel ein, an der er seine Ratgeber zusammenkommen ließ. Er ernannte ihn zum Verhandlungsführer der Londoner Schuldenkonferenz. Die BRD stieg nun wirtschaftlich auf und integrierte sich in den westeuropäischen Markt. Am Ende dieser Prozesse und nun nach dem Ende des Sozialismus in Osteuropa mündete dieser damals begonnene Prozess in der heutigen EU(Europäische Union).
In der Öffentlichkeit weniger bekannt war, dass Adenauer schon 1949 auf die deutsche Wiederbewaffnung drängte. Nach außen stellte er dies als Forderung der westlichen Alliierten dar; die Alliierten selbst waren wenig begeistert davon. Bereits 1950 trat sein Innenminister, Gustav Heinemann zurück, vor allem, da diese Politik auch vor Heinemann geheim gehalten worden war. Im April 1950 forderte Adenauer, nach dem Aufbau der kasernierten Volkspolizei in der DDR, den Aufbau einer mobilen Polizeitruppe auf Bundesebene in der BRD, was auch 1951 mit der Gründung des Bundesgrenzschutzes erfolgte. Die Öffentlichkeit erfuhr erst Jahre später, dass er schon 1957 ein Projekt genehmigte, mit Frankreich und Italien gemeinsam eine Atombombe zu entwickeln. Durch den Machtantritt Charles de Gaulles wurde das Projekt hinfällig, Frankreich steuerte auf ein eigenes Projekt hin, die „Force de frappe“.
Die Politik der Westbindung war ein Element des Kalten Krieges. Dies führte zwangsläufig zum Konflikt mit der Sowjetunion. Es bildeten sich die zwei Blöcke mit den entgegengesetzten Systemen heraus. Die sozialistischen Länder unter Führung der Sowjetunion und die kapitalistischen Länder unter Führung der USA.
Die Wiedervereinigung Deutschlands war erst mal in weite Ferne gerückt. Diese sollte nur unter kapitalistischen Bedingungen(stets mit dem Begriff „Freiheit“ umschrieben) stattfinden.
Adenauer setzte die Hallstein-Doktrin durch, die den Alleinvertretungsanspruch der BRD festschrieb. Nachdem die Sowjetunion im Januar 1955 offiziell den Kriegszustand mit Deutschland beendete, reiste er im September 1955 nach Moskau und erreichte die Freilassung der letzten 9626 deutschen Kriegsgefangenen aus dem Zweiten Weltkrieg, welche sich noch als von der Sowjetunion als Kriegsverbrecher verurteilt in sowjetischer Gefangenschaft befanden.
Rückkehr aus Moskau 14.9.1955 in Köln-Wahn
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Von Bundesarchiv, Bild 146-2005-0141 / Wolf, Helmut J. / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt
Nachdem die Grundsatzentscheidung für die „Soziale Marktwirtschaft“, also den abgemilderten Kapitalismus, gefallen war, überließ Adenauer die Wirtschafts- und Sozialpolitik weitgehend seinen Fachministern, insbesondere dem Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard. Er selbst konzentrierte sich auf die Außenpolitik.
Allerdings war Adenauer, im Vergleich zuErhard, wesentlich aufgeschlossener gegenüber Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. Auch in die Sozialpolitik mischte er sich ein: Im Jahr 1957 beispielsweise setzte Adenauer – gegen den Rat von Ludwig Erhard – die Umstellung der gesetzlichen Rentenversicherung auf eine Umlagefinanzierung durch. Dadurch wurde es möglich, die Renten einmalig erheblich anzuheben und sie fortan jedes Jahr proportional zur Entwicklung der Bruttolöhne zu erhöhen. Dieses Rentensystem wird heute in Frage gestellt. Adenauer war kein guter Mensch, sondern schlau. Damals konnte sich die BRD keine Altersarmut leisten. Da gab es die DDR und die osteuropäischen sozialistischen Länder als Konkurrenz. Da es diese Konkurrenz heute nicht mehr gibt, kann sich die heutige Groß-BRD Altersarmut und Armut im Allgemeinen sehr wohl leisten.
Adenauer setzte sich auch dafür ein, dass möglichst viele Menschen am Wirtschaftswunder teilhaben konnten. Dies führte zum Betriebsverfassungsgesetz (u. a. Mitbestimmung), dem Montan-Mitbestimmungsgesetz, der Teilprivatisierung von Firmen wie Preussag und Volkswagen mit sogenannten Volksaktien sowie zum Vermögensbildungsgesetz. Auch das war schlau von Adenauer. Für alle, auch für Angehörige der Arbeiterklasse, stieg der Lebensstandard. Beim Anstieg des Lebensstandards konnten die sozialistischen Länder nicht mithalten. So hatte die Arbeiterklasse der BRD mehrheitlich kein Interesse am Sozialismus.
Während es ihm gelang, die Bundesrepublik außenpolitisch bis zur Wiedervereinigung in ihren Grundzügen festzulegen, versuchte Adenauer gesellschaftspolitisch eine konservative Politik aus Kaiserreich und Weimarer Republik weiterzuverfolgen. Die Besetzungen für die Ressorts Innenpolitik und Justiz glückten ihm jedoch nur mäßig. Sein Wunschkandidat für das Innenministerium Robert Lehr (CDU) scheiterte 1949 am Widerspruch der Fraktion und nach nur einer Amtszeit wurde das ehemalige DNVP-Mitglied von der CDU nicht einmal mehr für den Bundestag nominiert. Der erste Justizminister Thomas Dehler (FDP) musste nach nur einer Amtszeit gehen, da Bundespräsident Theodor Heuss sich weigerte, seine Ernennungsurkunde zu unterschreiben, und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hermann Höpker-Aschoff mit Rücktritt drohte, sollte Dehler wieder Minister werden.
Adenauer setzte auf einen konfrontativen Kurs gegenüber den Kommunisten, aber auch den Sozialdemokraten. In seine Amtszeit fielen 1950 der sogenannte Adenauer-Erlass zur Verfassungstreue der öffentlich Bediensteten und das von der Bundesregierung beantragte und vom Bundesverfassungsgericht ausgesprocheneKPD-Verbot. Dieses erfolgte 1956.
Die 1952 gegründete Bundeszentrale für Heimatdienst, Vorläufer der Bundeszentrale für politische Bildung, verfolgte im Kalten Krieg und danach bis heute einen strikt antikommunistischen Kurs.
Während unter Adenauer jeglicher Ansatz von kommunistischer Politik strafrechtlich verfolgt wurde, wurden alte Nazis wieder in die Politik eingegliedert.
Am symbolträchtigsten geschah dies mit Hans Globke. Der ehemalige Herausgeber des Kommentars zu den Nürnberger Rassegesetzen leitete seit Oktober 1953 für Adenauer das Bundeskanzleramt, Adenauer ließ sich durch alle Kritik nicht davon abbringen, ihm die Stelle zu erhalten. Die Organisation Gehlen, deren Chef und zahlreiche Mitarbeiter ebenfalls schon in ähnlichen Aufgaben für das Nazi-Regime gearbeitet hatten, ging im Wesentlichen unverändert im Bundesnachrichtendienst auf.Ebenso 1953 berief Adenauer Theodor Oberländerzum Minister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. Noch wirkungsreicher aber war, dass FDP-Justizminister Thomas Dehler mit Adenauers Zustimmung in das neu aufzubauende Justizministerium und die Gerichtsbarkeit viele Juristen aus der Zeit des Faschismus übernahm. Adenauer sprach sich für ein Ende der Entnazifizierung aus. Adenauer, der immer wieder betont hatte, dass man beim Aufbau des Außenministeriums auf erfahrene Diplomaten zurückgreifen müsse, sagte in der Bundestagsdebatte über den Ausschussbericht im Oktober 1952 unter anderem:
„Wir sollten jetzt mit der Naziriecherei einmal Schluss machen, denn, verlassen Sie sich darauf, wenn wir damit anfangen, weiß man nicht, wo es aufhört.“
In die frühen Jahre der Regierung Adenauer fielen umfangreiche Revisionen der Kriegsverbrecherprozesse direkt nach dem Zweiten Weltkrieg und ein Straffreiheitsgesetz für minder belastete Nazis.
Adenauers Arbeitszimmer im Palais Schaumburg (1950)
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Von Bundesarchiv, B 145 Bild-057830 / Arntz, Prof.; Burow, E. / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt
Seine letzten Jahre als Kanzler wurden durch seinen hartnäckigen Kampf, so lange wie möglich im Amt zu bleiben und durch den – vergeblichen – Versuch, die WahlLudwig Erhards als Nachfolger zu verhindern, überschattet. Häufig wurde er in dieser Zeit als „der Alte“ bezeichnet. In dieser Zeit passierten Fehlschläge, die beim größten Teil der Bürgerinnen und Bürger der BRD auf Unverständnis und Kritik stießen. Sein Versuch, ein vom Bund kontrolliertes „Deutschland-Fernsehen“ als Konkurrenz zu der von den Ländern kontrollierten ARD aufzubauen ist am 1. Rundfunk-Urteil des Bundesverfassungsgerichts gescheitert . Das ZDF hat nur wenig mit Adenauers ursprünglichen Plänen zu tun. Als er nach der Errichtung des Antifaschistischen Schutzwalls zwei Wochen abwartete, bevor er nach Westberlin reiste, erntete er Unverständnis.Ebenso seine deutliche Kritik am damaligen Westberliner Bürgermeister Willy Brandt. Die Spiegel-Affäre am Ende seiner Kanzlerschaft erregte öffentliches Aufsehen. Dass Adenauer Franz Josef Strauß zu dessen Handlungsweisen ermächtigt hatte, wurde erst später bekannt.
Auch nach seinem Rückzug aus der Politik verunglimpfte Adenauer seinen ungeliebten Nachfolger nach Kräften. Kurz vor seinem Tod erlebte er noch den Sturz Erhards – „Der eine is wech!“ war sein Kommentar. Er griff durch Zeitungsartikel, Reden und Interviews noch ins politische Geschehen ein, äußerte sich vor der Bundestagswahl 1965 noch positiv über eine mögliche große Koalition und stellte nach ihrem Amtsantritt am 1. Dezember 1966 unter Kurt Georg Kiesinger fest, dass diplomatische Beziehungen zu Staaten Osteuropas möglich seien, was eine grundsätzliche Abkehr von der Hallstein-Doktrin bedeutete. Er unternahm mehrere international beachtete Auslandsreisen. 1964 nahm die „Académie des Sciences Morales et Politiques“ ihn auf. Bis zu seinem Tode war er Mitglied des Bundestages und dadurch mit 91 Jahren und 3 ½ Monaten der bisher älteste Bundestagsabgeordnete. Noch vom Sterbebett aus unterstützte er Kiesinger mit Ratschlägen.
Am 13. April 1967 – sechs Tage vor seinem tatsächlichen Tod – saß der Westdeutsche Rundfunk einer Falschinfo auf und unterbrach das Live-Programm des WDR-2-Mittagsmagazins. Über den bedrohlichen Gesundheitszustand Adenauers, der zuletzt am 24. Februar im Bundestag aufgetreten war, hatten Medien zuvor seit Tagen spekuliert. Der Moderator der Sendung beendete ein Telefon-Interview mit dem Hinweis an die Zuhörer, dass eine „traurige Nachricht aus Rhöndorf“ erwartet werde und es wurden mehrere Stücke mit Trauermusik eingespielt. In Bonn ordnete das Verteidigungsministerium daraufhin Trauerbeflaggung an. In München erhoben sich die Abgeordneten des Bayerischen Landtags zu einer Schweigeminute, das Kabinett wurde zu einer Sondersitzung einberufen. In London wurden Außenminister Willy Brandt und eine deutsche Parlamentarierdelegation mit Beileidsbekundungen überhäuft – der gerade in Bonn weilende britische Verteidigungsminister hatte Meldung von einem Tod Adenauers nach London erstattet. Andere Medien und Nachrichtenagenturen verbreiteten die Falschmeldung weltweit. Der spätere Vorwurf anderer Medien, der WDR habe eine Falschmeldung verbreitet, traf insoweit nicht zu, als dass Worte wie etwa „Konrad Adenauer ist tot“ nicht fielen. Durch ein Missverständnis hatte 1956 die schwedische Zeitung „Dagens Nyheter“ schon einmal Adenauers Tod gemeldet.
Adenauer starb am 19. April 1967 nach kurzer Grippe und drei Herzinfarkten im Alter von 91 Jahren in seinem Haus in Rhöndorf.
Adenauers Haus in Rhöndorf
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Von Sir James – own photograph /, CC BY-SA 2.0 de, Bild ist entsprechend verlinkt
Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel