Das Notstandsrecht (Notstandsgesetze)

Einen weiteren Verfassungsbruch stellte die Notstandsgesetzgebung dar, die gegen den Protest breitester Teile der Arbeiterklasse und der übrigen Bevölkerung der BRD durch den Bundestag mit dem17. Gesetz zur Ergänzung und Änderung des Grundgesetzes vom 24. Juni 1968 beschlossen wurde. Das Notstandsrecht besteht aus der in das Grundgesetz eingebauten Notstandsverfassung, den Notstandsgesetzen und Notverordnungen. Seine Regelungen versetzen die Bundesregierung in die Lage, bei angeblich „drohender Gefahr“ die Verfassung außer Kraft zu setzen, das Parlament auszuschalten, Bundeswehr und Bundesgrenzschutz(heute Bundespolizei) gegen die Bevölkerung einzusetzen, die Gewerkschaften zu eliminieren, die Zwangsarbeit einzuführen und wichtige Rechte und Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger aufzuheben oder einzuschränken.

 

Notstandsgesetze werden verabschiedet
Die Notstandsgesetze werden mit den Stimmen von CDU/CSU und einer Mehrheit der SPD verabschiedet
Bildquelle: Deutscher Bundestag

 

Was jedoch „drohende Gefahr“ ist, entscheidet die Bundesregierung oder in im Verfassungssystem überhaupt nicht vorgesehener „Ausschuss“. Damit ist jederzeit für die Errichtung einer Militärdiktatur oder einer anderen reaktionären Machtform des Monopolkapitals Tür und Tor geöffnet. Offensichtlich wurde an die finstersten deutschen Verfassungstraditionen des Artikels 48 der Weimarer Verfassung angeknüpft, der dem Faschismus den Weg zur Macht ebnete.

 

evangelische Pfarrer demosntrieren gegen Notstandsgesetze
Evangelische Pfarrer demonstrieren gegen Notstandsgesetze
Bildquelle: Deutscher Bundestag

Das Notstandsrecht bricht die Verfassung. Mit ihm wird der staatsmonopolistische Leitungs- und Lenkungsapparat perfektioniert, womit vor allem die wachsenden Widersprüche besser beherrscht werden sollen. Das Notstandsrecht richtet sich deshalb besonders gegen die Arbeiterklasse und alle anderen antiimperialistischen Kräfte. Gegen sie richtet sich auch die durch das Notstandsrecht vorgenommene Zusammenfassung aller politischen, ökonomischen und militärischen Potenzen der BRD für die Verwirklichung der Politik der herrschenden Monopolkräfte. Die im Rahmen der Notstandsgesetzgebung erlassenen Wirtschaftssicherstellungsgesetze ermöglichen es den großen Monopolen, in ihrem Interesse regulierend über den Staat in die Wirtschaft einzugreifen. Den Geheimdiensten der BRD wurden weitgehende Vollmachten zur Ausspionierung der Bevölkerung übertragen.

Studenten ist Westberlin demosntrieren gegen Notstandsgesetze
Studenten der „Freien Universität“ Westberlin demonstrieren gegen die Notstandsgesetze
Bildquelle: Deutscher Bundestag

Die Installierung des Notstandsrechtssystems vollzog sich gegen den breiten Widerstand demokratischer Kräfte und stellt einen weiteren Bruch der BRD-Verfassung dar.

 

Sternmarsch auf Bonn
Sternmarsch auf Bonn am 11. Mai 1968 als Protest gegen die Notstandsgesetzgebung der damaligen Großen Koalition
Bildquelle: Deutscher Bundestag

Entnommen aus „Staat und Recht in Staatsbürgerkunde“, DDR 1987, bearbeitet von Petra Reichel

Original-Text:

Das Notstandsrecht


Anhang:

Deutscher Bundestag:

Siehe da, der heutige Bundestag befasst sich auch damit und zeigt Bilder von den damaligen Protesten. Hier kann man auch die entsprechenden Dokumente abrufen.

 

DGB

Auch die Gewerkschaften lehnten die Notstandsgesetze ab, ließen sich aber „weichspülen“ und spalten.