Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (kurz: RGW)

Der RGW wurde 1949 als sozialistisches Pendant zum Marshallplan und zur Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) gegründet. Ebenso ist der RGW ein Pedant zur EU, bzw. den seinerzeitigen Vorgängerorganisationen. Er ist auch im Rahmen der Herausbildung des Kalten Krieges und der Zwei-Lager-Theorie zu sehen.

Flagge des RGW
Flagge des RGW

 

Bildquelle: Von Froztbyte – Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3323402

 

Der RGW wurde – wie das 1955 gegründete Militärbündnis Warschauer Vertrag – im Jahr 1991 infolge der Konterrevolution in den ehemals sozialistischen Ländern in Europa 1989 und des damit verbundenen Abrisses des Eisernen Vorhanges(„Eiserner Vorhang“, siehe Fulton-Rede von Churchill) aufgelöst.

Als Reaktion auf den Marshallplan wurde vom sowjetischen Außenminister Wjatscheslaw Molotow ein Plan entworfen, der die Staaten Osteuropas enger an die Sowjetunion binden sollte. Zunächst geschah dies politisch über die Kominform und dann auch wirtschaftlich über den RGW.[1] Das Gründungskommuniqué wurde am 25. Januar 1949 veröffentlicht,[2] nachdem zuvor am 18. Januar in Moskau Vertreter aus sechs sozialistischen Staaten das Protokoll zur Gründung unterzeichnet hatten.[3]Gründungsmitglieder waren neben der Sowjetunion die Länder Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und die Tschechoslowakei. Am 23. Februar 1949 trat Albanien dem Bündnis bei (dessen Mitgliedschaft später ruhte), am 29. September 1950 folgte die DDR (bis 1990).[4] Die Mongolei (6. Juli 1962), Kuba (1972) und Vietnam (1978) wurden später ebenfalls Mitglieder. Am 17. September 1964[5] trat Jugoslawien einigen Organen des RGW bei.

China (bis 1961) und Nordkorea hatten Beobachterstatus. Im November 1986 nahmen Delegierte aus der Demokratischen Republik Afghanistan, Angola, Äthiopien, der Demokratischen Volksrepublik Jemen (Südjemen), Laos, Mosambik und Nicaragua als Beobachter an einem Treffen teil.

25 Jahre RGW Briefmarke der DDR 1974
Briefmarke der DDR „25 Jahre RGW“
Bildquelle: Von Hochgeladen und Bearbeitet von –Nightflyer (talk) 19:46, 8 November 2010 (UTC) – Eigener Scan, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11997362

 

Am 16. Mai 1973 unterzeichnete Finnland ein Kooperationsabkommen mit dem RGW, 1975 folgten dann der Irak und Mexiko, Nicaragua 1984, Mosambik 1985. Angola, Äthiopien und die Volksdemokratische Republik Jemen folgten 1986 und Afghanistan 1987[6].

RGW im Jahr 1986Erklärung zu RGW 1986

Bildquelle: Von NuclearVacuum – BlankMap-World 1985.svg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10776303

 

1991 scheiterte der Versuch, das sozialistische planwirtschaftliche System des RGW auf das marktwirtschaftliche System des Kapitalismus umzustellen. Mit der Auflösung der Sowjetunion löste sich auch der RGW am 28. Juni 1991 auf.


 

Aufgabe

Der RGW hatte zum einen die Aufgabe, eine bessere   wirtschaftliche Spezialisierung und Arbeitsteilung zwischen den sozialistischen Staaten zu erreichen und zum anderen eine allmähliche Angleichung der sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen. Als Folge der arbeitsteiligen Spezialisierung entstand eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen der UdSSR und den anderen RGW-Staaten. Mit der Spezialisierung sollten höhere Stückzahlen erreicht und dadurch Kosten verringert werden (Synergie).

Die im Namen formulierte „gegenseitige Wirtschaftshilfe“ geschah vor allem dadurch, dass die wirtschaftlich verhältnismäßig starken Länder (Sowjetunion, DDR, Tschechoslowakei, Ungarn) die schwächeren (Bulgarien, Rumänien, Kuba, Mongolei und Vietnam) im Rahmen der sozialistischen ökonomischen Integration wirtschaftlich unterstützten. Gleichzeitig wurde damit eine ideologische Stärkung im Sinne des Marxismus-Leninismus verfolgt.

Der Außenhandel zwischen den Mitgliedern war durch mehrjährige bilaterale Verträge und einige multilaterale Verträge gekennzeichnet. Für die Koordinierung der langfristigen Wirtschaftspläne in der Sowjetunion (Fünfjahresplan, ab 1959 Siebenjahresplan) entstand ein bürokratischer Apparat, die Gosplan-Behörde, der auch für die Verknüpfung mit den Wirtschaftsplänen der anderen RGW-Staaten sorgte.

Obwohl vom System her nicht vorgesehen, war der Handel zwischen den Mitgliedern annähernd ausgeglichen, da es aufgrund der fehlenden Konvertibilität der Währungen wenig attraktiv war, Gläubigerpositionen im Außenhandel aufzubauen. Der Zahlungsverkehr wurde von der Internationalen Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ) abgewickelt, als RGW-Organ 1957 mit Sitz in Moskau gegründet. Zahlungsmittel waren Transferrubel und Goldreserven. Da die nationalen Preise politische Preise waren, eigneten sie sich nur wenig zur Festsetzung der Preise im Außenhandel. Deshalb wurden Durchschnittspreise des Weltmarktes als Grundlage verwendet.

Unter dem Dach des RGW kam es auch zu Standardisierungsbemühungen, so etwa am 23. Dezember 1968 zum Vertrag über ein Einheitliches System Elektronischer Rechentechnik (ESER), der auf die Entwicklung einer standardisierten Rechentechnik abzielte.[7]

Eine Unterorganisation des RGW war der Gemeinsame Güterwagenpark (OPW), der vom 1. Juli 1964 bis zum 31. August 1990 bestand.

 

Gemeinsame Projekte

Energiesektor

Auf der X. Tagung des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) im Dezember 1958 in Prag wurde der Bau der Erdölleitung Freundschaft beschlossen, die 1963 in Betrieb genommen wurde.

Auf der XXVIII. Tagung des RGW im Juni 1974 in Sofia wurde der Bau der Erdgastrasse Druschba beschlossen.

Mit dem Aufbau internationaler Pipeline- und Hochspannungsleitungsnetze fanden wichtige, auch politisch wirksame Vernetzungen statt.

 

Spezialisierung

Im Rahmen der Spezialisierung waren die einzelnen Staaten wie folgt für bestimmte Produkte zuständig:

  • UdSSR: Flugzeuge (Antonow, Iljuschin, Suchoi und Tupolew), schwere Diesellokomotiven (Lokomotivfabrik Woroschilowgrad, z. B. M62 und DR-Baureihe 130), U-Bahn-Wagen (Metrowagonmasch) und leistungsstarke Traktoren (Minsker Traktorenwerke)
  • DDR: landwirtschaftliche Maschinen und Transportausrüstungen, Schiffe (insbesondere Fischverarbeitungsschiffe), Reisezugwagen (Waggonbau Görlitz), Werkzeugmaschinen, Krane (Kranbau Eberswalde), Computer, Bergbaulokomotiven (Lokomotivbau Elektrotechnische Werke „Hans Beimler“ Hennigsdorf, z. B. EL 2)
  • ČSSR: Straßenbahnwagen (ČKD Tatra), Oberleitungsbusse (Škoda)
  • Ungarn: größere Omnibusse (Ikarus)

Ab 1976 musste die Deutsche Reichsbahn ihre mittelschweren Diesellokomotiven der Baureihe 119 dann von der Lokomotivfabrik „23. August“ aus Rumänien importieren

Geplant war auch ein Personenkraftwagen der unteren Mittelklasse als Gemeinschaftsprojekt der RGW-Staaten unter Federführung der DDR und der ČSSR, das so genannte RGW-Auto.

 

Problem

In der Anfangszeit gab es vor allem Probleme mit den Produktionskapazitäten, da die ausführenden Betriebe nicht auf gestiegene Produktionsmengen vorbereitet worden waren. Ein Dauerproblem war, dass die gelieferten Stückzahlen nie den benötigten Mengen entsprachen und zudem die Qualität einiger Produkte deutlich zu wünschen übrig ließ. So waren anfangs ca. 50 % der in Rumänien hergestellten Diesellokomotiven bei der Deutschen Reichsbahn nicht einsatzfähig.

Für die DDR bedeutete dies, dass einige Zweige des Fahrzeugbaus eingestellt werden mussten (u. a. Gothawagen T57), dafür entstanden Straßenbahnwagen wie der Rekowagen, Omnibusse wurden von der Firma Fritz Fleischer KG unter erschwerten Bedingungen weiterhin gebaut.

 

Organe (Institutionen)

Alle Hauptorgane des RGW konnten nur unverbindliche Empfehlungen beschließen. Jedes Mitgliedsland hatte nur eine Stimme, und bis 1967 galt das Einstimmigkeitsprinzip, später konnten sich die Mitgliedsländer auch bei einer Abstimmung enthalten.

 

Ratstagung

Die Ratstagung war formell das oberste Organ des RGW. Sie setzte sich aus den Delegierten aller Mitgliedsländern zusammen und trat in der Regel einmal pro Jahr zusammen, seit 1987 abwechselnd in der Hauptstadt des Vorsitzenden. Geleitet wurde eine Delegation vom Ministerpräsidenten eines Mitgliedslandes oder seinem Stellvertreter.

 

Exekutivkomitee

Treffen des Exekutivkomitees
Treffen des Exekutivkomitees
Bildquelle: Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=673864

 

Das Exekutivkomitee war das eigentlich entscheidende Organ, welches aus einem Stellvertreter des Regierungschefs eines jeden Mitgliedslandes bestand.

 

Sekretariat

Das Sekretariat bestand aus einem sowjetischen General-Sekretär, seinen nicht-sowjetischen Stellvertretern und weiterem Personal. Der Sitz des Sekretariats war Moskau. Die Gründung wurde auf der IV. Tagung des RGW am 26. und 27. März 1954 in Ungarn beschlossen.

 

Weitere Organe (Institutionen)

Weitere Organe waren Ständige Kommissionen (zuletzt zweiundzwanzig) und Komitees (sechs). Es gab sie seit 1957, doch wurden sie erst später zu Hauptorganen aufgewertet. Des weiteren gab es die Internationale Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Internationale Investitionsbank sowie die Medunion.[8]

 

Das Ende der Mitgliedschaft der DDR im RGW

Die DDR hatte sich im Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 über die „Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion“ gegenüber der BRD verpflichtet, ihr Wirtschaftssystem den Bedingungen der kapitalistischen Marktwirtschaft anzupassen. Damit war eine fortdauernde Mitgliedschaft im RGW nicht vereinbar.

Das Statut des RGW-Rates sah die Möglichkeit eines Austritts vor, der allerdings erst sechs Monate nach der Kündigung wirksam wurde. Die DDR-Regierung nahm zutreffend an, dass „mit Beendigung ihrer Existenz als Völkerrechtssubjekt auch ihre Mitgliedschaft im RGW automatisch erlöschen würde.“[9] Sie beabsichtigte daher, in Übereinstimmung mit Art. 54 lit. b des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge Konsultationen mit den Mitgliedsländern durchzuführen und danach die Regierung der UdSSR als Depositar der RGW-Statuts mit Verbalnote über die Beendigung der DDR-Mitgliedschaft zu unterrichten, verbunden mit der Bitte, die Mitgliedsstaaten hierüber zu informieren. Da die sowjetische Seite jedoch die Durchführung von Konsultationen ablehnte, kam es nicht zu diesem Verfahren.  Für Laien wenig verständliche Formalien, die hier aber der Vollständigkeit halber wiedergegeben werden. Man muss bedenken, dass in der UdSSR ebenfalls, wie in allen einstigen sozialistischen Ländern in Europa, die Konterrevolution wütete. Die UdSSR stand außerdem vor ihrem Zerfall.

Die Volkskammerpräsidentin Bergmann-Pohl als amtierendes Staatsoberhaupt erklärte am 2. Oktober 1990 den Austritt der DDR aus dem RGW und seinen Unterorganisationen mit Wirkung zum 3. Oktober 1990. Also der Tag, als die DDR durch die BRD annektiert wurde und der Kapitalismus als Sieger aus der gelungenen Konterrevolution hervorgegangen ist.

Die nun vergrößerte BRD hat die Abwicklung aller aus der bisherigen Mitgliedschaft entstandenen Forderungen und Verbindlichkeiten übernommen. Der Transferrubel-Verrechnungsverkehr mit den ehemaligen RGW-Ländern ist von der BRD nach der Annexion der DDR bis Ende 1990 aus Vertrauensschutzgründen fortgeführt worden.[10] Noch 2016 wurden aus dem Bundeshaushalt – wenn auch in geringem Umfang – Leistungen hierfür erbracht. Der Bund führt zu der Zeit immer noch Rechtsstreite zur Eintreibung von Rückforderungen.[11]

Zu der Vermögensposition der DDR gehört nach deutscher Auffassung auch der DDR-Anteil an dem Bürogebäude des RGW in Moskau. Es war mit den Beiträgen der Mitgliedstaaten finanziert worden, wovon die DDR 40 Millionen Rubel, etwa ein Sechstel der Baukosten, beigetragen hatte. Der Marktwert des Gebäudes mit 30 Stockwerken wurde Anfang der 1990er Jahre auf 250 bis 300 Millionen US-Dollar geschätzt. Die sowjetische, später russische Regierung hat diesen Anspruch bis heute nicht anerkannt. Da die DDR schon vor ihrem Ende als Rechtssubjekt den Austritt erklärt habe, sei keine Vermögensposition auf vergrößerte BRD übergegangen.[12]

 

 

RGW-Gebäude in Moskau
RGW-Gebäude in Moskau heute, jetzt Rathaus von Moskau 
Moscow City Hall, New Arbat St., Moscow River (Former COMECON Building)

 

Bildquelle: Von Foma – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10686053

 

RGW-Gebäude Geschichtsbuch
RGW-Gebäude damals
Bildquelle: Geschichtsbuch der DDR für die 10. Klasse, Stand 1981

 

Siehe auch Das RGW-Gebäude im Schwesterblog DIE TROMMLER-ARCHIV.

 

Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet von Petra Reichel

 

 

 

„Danke, Herr Gorbatschow“ – das werden wir Ihnen nie vergessen!

Hier ein Beitrag aus einem befreundeten Blog zu Gorbatschow.

Sascha's Welt

agent gorbachevIst es Dummheit oder ist es Antikommunismus? In der US-amerikanischen Propaganda-Zeitschrift „Reader’s Digest“, die „umweltfreundlich“ und möglichst billig in Polen gedruckt wird, um dann auf dem deutschen Markt verteilt zu werden, schreibt der Chefredakteur in seiner Kolumne (Februar 2017): „manchmal dauert es, bis man erkennt, was man einem Menschen verdankt“. Ja, und manche erkennen es nie oder wollen es nicht erkennen! Sie, jedenfalls, sehen es nicht oder wollen nicht sehen, welches Leid und welche katastrophalen Veränderungen es seit 1990 für Millionen Menschen gab, als Gorbatschow sein Land in die Katastrophe führte. Was wir, die Bürger der Sowjetunion, der DDR und der anderen sozialistischen Länder, diesem sauberen „Herrn Gorbatschow“ zu verdanken haben, das haben wir schon vor über 25 Jahren gemerkt: Massenhafte Enteignungen, Vernichtung ganzer Industriezweige, Entlassungen und Kommunistenverfolgungen im großen Stil auf unserer Seite (der Seite der werktätigen Menschen) und unermeßliche Bereicherung auf der anderen Seite (der Seite der kapitalistischen…

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Michail Gorbatschow

Michail Sergejewitsch Gorbatschow kam am 2. März 1931 als Sohn eines russischen Vaters, Sergei Andrejewitsch Gorbatschow (1909–1976), und einer ukrainischen Mutter, Marija Pantelejewna Gopkalo (1911–1993), in der Region Nordkaukasus (heute Region Stawropol) zur Welt. Gorbatschows Eltern waren Bauern in einem Kolchos in der Ortschaft Priwolnoje. Gorbatschows Großvater mütterlicherseits, Pantelei Jefimowitsch Gopkalo, war 17 Jahre Leiter dieser Kolchose, wurde aber 1937 wegen Trotzkismus-Verdachts verhaftet. An diesem Ort wuchs Michail Gorbatschow heran, wobei er viel Zeit bei seinen Großeltern mütterlicherseits verbrachte, die in ihre Enkelkinder vernarrt waren. Erste Berufserfahrungen sammelte er als Mähdrescher­mechaniker. Für den Wehrdienst war er untauglich. Gorbatschow studierte Jura an der Lomonossow-Universität in Moskau und lernte dort seine spätere Frau Raissa († 1999) kennen. Sie heirateten im September 1953 und zogen gemeinsam zurück in seine Heimatregion Stawropol im nördlichen, russischen Kaukasus, nachdem Gorbatschow 1955 sein Studium der Rechtswissenschaft beendet hatte.

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Michail Gorbatschow(1986)
Von RIA Novosti archive, image #359290 / Yuryi Abramochkin / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikime

Bereits 1952 trat er im Alter von 21 Jahren in die Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) ein und agierte von da an 22 Jahre lang als Apparatschik(Bürokrat in Partei und Politik der Sowjetunion) im heimatlichen Stawropol. 1966, im Alter von 35 Jahren, machte er seinen Abschluss als Agrarbetriebswirt am Landwirtschaftlichen Institut. Mit seiner Parteikarriere ging es steil aufwärts, 1970 wurde er zum Ersten Sekretär für Landwirtschaft berufen. Im folgenden Jahr wurde er Mitglied des Zentralkomitees. 1972 führte er eine sowjetische Delegation nach Belgien, und zwei Jahre später, 1974, wurde er Repräsentant des Obersten Sowjets und Vorsitzender der Ständigen Kommission für Jugendpolitik (russ. Комиссия по делам молодёжи Совета Союза Верховного Совета). Mitglied der Kreml-Führung wurde er nach dem überraschenden Tod seines Förderers F. Kulakow 1978. Gorbatschow wurde dessen Nachfolger als ZK-Sekretär für die Landwirtschaft. Zusätzlich wurde er 1979 Kandidat des Politbüros. Ein weiteres Jahr später nahm ihn das Politbüro im Oktober 1980 als Vollmitglied auf. Während seiner Tätigkeit im Politbüro lernte er Juri Andropow, den Chef des KGB(Geheimdienst der Sowjetunion), kennen, der ebenfalls aus Stawropol stammte und Gorbatschow in den kommenden Jahren in seiner Karriere im Parteiapparat(Schändlich, dass die Parteiführung zu einem bürokratischen „Apparat“ geworden ist.) unterstützte. Das ist schändlich.

Aufgrund seiner Position in der Partei wurde ihm erlaubt, auch das westliche Ausland zu bereisen. Diese Besuche in westlichen Ländern beeinflussten ihn in seinen politischen und sozialen Ansichten und inspirierten ihn. 1975 besuchte er mit einer Delegation die BRD, 1983 führte er eine sowjetische Kommission nach Kanada, um sich mit Pierre Trudeau, dem damaligen Premierminister, und Mitgliedern des kanadischen Parlaments zu treffen. 1984 reiste er nach Großbritannien und sprach mit Premierministerin Margaret Thatcher. Diese war die erste Politikerin im Westen, die die Absichten, welche als neuartige Politik „verkauft“ wurden, Gorbatschows erkannte und ihn insbesondere dem misstrauischen US-Präsidenten Ronald Reagan empfahl: „I like Mr. Gorbachev. We can do business together“ (deutsch: „Ich mag Herrn Gorbatschow. Mit ihm können wir arbeiten“; 17. Dezember 1984 in einem Interview der BBC)

Schändlich ist, dass die kommunistischen Parteien der ganzen Welt sich von ihm täuschen ließen.

Zitat von Gorbatschow, im Treppenausgang der Berliner U-Bahn 55- Gefahren lauern auf diejenigen, die nicht auf das Leben reagieren.
Zitat von Gorbatschow, im Treppenausgang der Berliner U-Bahn 55: Gefahren lauern auf diejenigen, die nicht auf das Leben reagieren.
Bildquelle: Von Badie – Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7513124

Mit solchen Sprüchen punktete Gorbatschow. Die ganze Welt, einschließlich der Kommunistischen Parteien, fiel darauf herein.

Der KGB hat nicht  erkannt, dass Gorbatschow durch seine Reisen in westliche Länder inspiriert worden ist und einen Sinneswandel vollzog. Ja der Geheimdienstchef Andropow förderte sogar die Karriere Gorbatschows.

Michail Gorbatschows Bilanz fiel 15 Jahre nach dem „großen Umbruch“(der Konterrevolution) eher negativ aus: Nirgendwo im Westen habe es damals einen echten Partner für ihn gegeben; wahrscheinlich habe keiner im anderen Lager auch nur annähernd begriffen, welches Risiko er, der damals mächtigste Mann jenseits des Eisernen Vorhangs(„Eiserner Vorhang ist ein antikommunistischer Begriff, den Winston Churchill in seiner „Fulton-Rede“ verwendete.)mit dem politischen Konzept „Glasnost und Perestroika“ eingegangen sei; kein einziger Staatsmann im Westen habe verstanden, dass das von ihm angestrebte gemeinsame „Haus Europa“ auch eine tiefgreifende Erneuerung der westlichen Strukturen, Institutionen und Denkweisen erfordert hätte, um eine völlig neue einmalige Zukunftsperspektive für den ganzen Kontinent zu eröffnen. Im gesamten westlichen Staatensystem, so müsse er rückblickend feststellen, habe nur ein „Triumphalismus ohnegleichen“ und „reine Siegermentalität“ geherrscht. Das sei am Ende der Grund gewesen, warum Russland, nach dem „politischen Ausverkauf“ und der „ökonomisch-politischen Anarchie“ der Jelzin-Jahre, einen „Machtmenschen“ wie Wladimir Putin geradezugebraucht hätte, wollte es nicht gänzlich aus der Weltpolitik verschwinden.

Man kann von Wladimir Putin halten was man will, hoch anzurechnen ist ihm, dass er Russland aus dem Chaos, das Gorbatschow und Jelzin angerichtet hatten, wieder herausgeholt und das Land wieder hochgebracht hat. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Putin jetzt Präsident eines kapitalistischen Landes ist. Er bildet nur den Gegenpart zu den westlichen Ländern und vertritt eigene Interessen.

Ja, was hat der Gorbatschow sich denn gedacht?  Wie heißt es so schön? Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.

Im Westen wird Gorbatschow hoch geschätzt. Schließlich hat er zum Sieg der westlichen(kapitalistischen) Länder im Kalten Krieg  und dem Sieg des Kapitalismus als System verholfen.

Verleihung des Franz Josef Strauß-Preises an Gorbatschow in der Münchner Residenz
Verleihung des Franz Josef Strauß-Preises an Gorbatschow in der Münchner Residenz
Bildquelle: Von J. Patrick Fischer – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=17637351

In Russland ist Gorbatschow weitaus weniger beliebt.  Nach weitverbreiterter Meinung hat er nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion  in der darauffolgenden Phase wirtschaftliche und politische Unsicherheit verursacht.

Zwar wurde er anlässlich seines 80. Geburtstages für Verdienste als Staatsmann mit der höchsten Auszeichnung Russlands, dem Andreas-Orden, geehrt, jedoch erfährt er im Land auch viel Kritik und Hass für seine Präsidentschaft. Unter anderem wird ihm vorgeworfen, Land und Volk verraten zu haben. Sergei Michailowitsch Mironow, Vorsitzender des russischen Föderationsrates in den Jahren 2001 bis 2011, bezichtigte Gorbatschow wegen dessen Unterschrift zu den Abrüstungsverträgen des Jahres 1991 des Verrates am Vaterland. Im April 2014 gab es eine Initiative von Abgeordneten des russischen Parlamentes, einen Strafprozess gegen Gorbatschow wegen seines Handelns im Dezember 1991 einzuleiten. Die Initiative warf ihm vor, er hätte das Land absichtlich „in den Abgrund“ geführt. Der beabsichtigte Prozess sollte eine erste rechtliche Beurteilung dessen werden, was 23 Jahre zuvor geschah. Schade, dass dieser Prozess nicht zustande kam. Womöglich wäre da einiges zu Tage gekommen, dass denen, die den siegreichen Kapitalismus vertreten, sehr unangenehm wäre. So lag es doch in ihrem Interesse einen solchen Prozess nicht stattfinden zu lassen.

Am Abend des 30. August 2022 starb Gorbatschow im Alter von 91 Jahren.

Entnommen aus Wikipedia, bearbeitet und gekürzt von Petra Reichel